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Beckenbodentraining für Männer – Übungen und Tipps
19. September 2025 | von Ingrid MüllerAktualisiert und medizinisch geprüft am 19.9.2025 von Ingrid Müller, Chefredakteurin und Medizinjournalistin |
Das Beckenbodentraining ist für viele Männer ein unbekanntes Terrain. Dabei kann ein starker Beckenbodenboden bei Inkontinenz nach einer Prostatakrebs-OP oder Strahlentherapie helfen. Auch die Potenz soll die Beckenbodengymnastik wieder stärken.
Kurzüberblick
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Was ist Beckenbodentraining?
Das Beckenbodentraining umfasst verschiedene Übungen, die den Beckenboden stärken sollen. Frauen ist die Beckenbodengymnastik oft gut bekannt, meist nach einer Schwangerschaft und Geburt. Aber auch Männer können vom Beckenbodentraining profitieren, um eine Inkontinenz zu bessern oder wieder vollständig los zu werden.
Wenn sie sich aufgrund einer Prostatakrebserkrankung einer Operation (radikale Prostatektomie) oder Bestrahlung unterzogen haben, ist Inkontinenz eine häufige Folge. Die Strahlentherapie kann das Gewebe der Blase und den Schließmuskeln entzünden und so seine Funktion stören. Viele Männer haben nach einer Prostata-Operation zudem mit Erektiler Dysfunktion zu kämpfen. Auch hier kann das Beckenbodentraining eine Unterstützung sein. Die Übungen fördern die Durchblutung und können so die Potenz wieder stärken.
Expertinnen und Experten sprechen heute eher von einem Schließmuskeltraining oder Kontinenztraining statt von Beckenbodentraining. Der Grund: Während der Prostata-OP wird nicht der Beckenboden operiert, sondern es werden Teile der Harnröhre und der innere Blasenschließmuskel entfernt. Nach der OP ist dann der äußere Schließmuskel alleine für das Halten des Harns zuständig – und dieser Schließmuskel lässt sich gezielt trainieren. So können Sie dem unwillkürlichen Harnverlust entgegensteuern.
Den Beckenboden sieht und spürt man nicht. Daher wissen viele Männer (wie Frauen) nicht, wo er sich genau befindet oder wofür er überhaupt zuständig ist. Doch der Beckenboden lässt sich wie ein Muskel willentlich anspannen, entspannen und bewegen. Sie können ihn gezielt stärken und kräftigen - wie andere Muskeln an den Armen oder Beinen auch.
Inkontinenz “Die Wiederherstellung der Kontinenz besitzt meist höchste Priorität”, sagt der Urologe Prof. Ullrich Otto im Interview mit der Prostata Hilfe. | ![]() |
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Wo erlernen und Kosten?
Das Beckenbodentraining erlernen Sie am bei einer Fachperson aus der Physiotherapie, die eine Zusatzausbildung zur Beckenbodentherapie abgeschlossen hat. Das Schließmuskeltraining ist inzwischen ein wichtiger Baustein der multimodalen Therapie bei Inkontinenz im Rahmen der Reha.
Ärztinnen und Ärzte können die Beckenbodengymnastik bei einer Inkontinenz nach einer Prostatakrebsbehandlung verschreiben. Die gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen übernehmen in der Regel die Kosten dafür.
Mit dem Beckenbodentraining können Sie schon vor der Prostata-OP beginnen. So schärfen Sie Ihre Wahrnehmung, wie sich der Beckenboden hebt und senkt und wie der Schließmuskel funktioniert. Nach der Operation ist es oft schwieriger, ein Gefühl dafür zu bekommen.

Beckenboden: Aufbau und Funktion
Der Beckenboden besteht aus drei übereinanderliegenden Muskelschichten. Diese Muskelplatte schließt den Bauchraum und die Beckenorgane von unten her ab. An den Rändern ist der Beckenboden nach oben gebogen. Sie können ihn sich wie einen schwingenden Boden vorstellen, der sich beim Atmen mit bewegt. Bei Männern besitzt der Beckenboden zwei Öffnungen – für den Enddarm und die Harnröhre. Bei Frauen kommt zusätzlich eine Öffnung für die Scheide hinzu. Frauen haben also eine „Schwachstelle“ mehr als Männer.
Frauen ist das Beckenbodentraining meist besser bekannt, vor allem nach einer Schwangerschaft und Geburt. Denn beide Faktoren beanspruchen den weiblichen Beckenboden enorm und schwächen die Muskulatur. Allerdings können auch bei Männern die Beckenbodenmuskeln erschlaffen, zum Beispiel wenn sie viel Zeit im Sitzen verbringen, eine schlechte Körperhaltung haben, bei Übergewicht und Fettleibigkeit oder nach einer Prostataoperation und Strahlentherapie.
Ein starker, gesunder Beckenboden hat mehrere Aufgaben. Die Muskulatur:
- unterstützt den Halt der Organe im Bauch und Becken
- hilft den Schließmuskeln von Harnröhre und After bei ihrer Arbeit – wirkt einer Harn- oder Stuhlinkontinenz entgegen
- hilft, einem hohen Druck im Bauchraum besser standzuhalten, etwa beim Husten, Niesen, Lachen, schweren Heben oder Pressen beim Stuhlgang
Den Beckenboden erspüren – so geht’s!
Am Anfang des Beckenbodentrainings steht immer: Sie lernen, die Muskeln im Inneren zunächst einmal wahrzunehmen lernen. Erst wenn Sie den Beckenboden erspürt haben, können Sie gezielt an der Muskulatur arbeiten und sie kräftigen. Es gibt verschiedene Wahrnehmungsübungen, zum Beispiel:
Die richtige Atmung ist beim Erspüren des Beckenbodens sehr wichtig, denn das Zwerchfell und der Beckenboden spielen eng zusammen und bewegen sich synchron, und zwar so:
- Einatmen: Das Zwerchfell senkt sich und die Organe im Bauch werden nach unten gedrückt. Der Beckenboden entspannt sich und senkt sich ebenfalls nach unten.
- Ausatmen: Das Zwerchfell hebt sich, die Beckenbodenmuskeln ziehen sich zusammen, der Beckenboden hebt sich und die Bauchorgane werden nach oben gedrückt.
Eine Atemübung, die Ihnen Ihren Beckenboden ein wenig näher bringt:
- Legen Sie sich auf den Rücken und stellen Sie die Beine leicht gegrätscht auf.
- Legen Sie Ihre Hände locker auf den Bauch und spüren Sie, wie sich die Bauchdecke unter den Händen beim Einatmen hebt und beim Ausatmen wieder senkt.
- Atmen Sie tief durch die Nase ein und durch den Mund stoßweise wieder aus – so vergrößern Sie die Bewegung des Bauchs.
- Nach einigen tiefen Atemzügen atmen Sie wieder normal weiter.
Kontinenz- und Beckenboden Zentren finden Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft bietet eine Suche nach Kontinenz- und Beckenboden Zentren auf Ihrer Webseite – geben Sie einfach Ihre Postleitzahl ein und finden Sie ein Zentrum in Ihrer Nähe. |
Beckenbodentraining für Männer: Übungen
Es gibt eine Vielzahl verschiedener Übungen, die Sie im Sitzen, Liegen oder Stehen ausführen können. Zudem existieren verschiedene Konzepte fürs Beckenbodentraining, nach denen Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen arbeiten. Die Übungen selbst, aber auch deren Ausführung können sich unterscheiden.
Starten Sie mit der Beckenbodengymnastik nicht auf eigene Faust, sondern erlernen Sie die Übungen bei einer Fachperson aus der Physiotherapie mit der Zusatzausbildung zur Beckenbodentherapie. So wissen Sie anschließend, wie Sie die Übungen korrekt ausführen.
Übung 1: Auf die Knie und Ellenbogen
- Begeben Sie sich auf die Knie: Die Oberschenkel stehen senkrecht, die Unterschenkel sind waagrecht auf dem Boden positioniert und die Knie stehen in der Breite des Beckens auseinander.
- Platzieren Sie Ihre Ellenbogen waagrecht auf den Boden.
- Verteilen Sie Ihr Körpergewicht gleichmäßig auf alle vier „Stützen“ und finden Sie eine möglichst angenehme Position.
- Jetzt bewegen Sie Ihr Steißbein in Richtung des Bodens und der Füße. Die Lendenwirbelsäule rundet sich zum „Buckel“ und das Becken richtet sich auf. Der Kopf deutet nach unten.
- Anschließend bewegen Sie Ihr Steißbein in die umgekehrte Richtung zum Hinterkopf – das Becken wird dabei gekippt.
Wenn Sie die Bewegung verinnerlicht haben: Atmen Sie ein, wenn Sie Ihr Becken aufrichten und spannen Sie den Beckenboden an, weiteratmen und die Spannung mehrere Atemzüge lang anhalten. Dann wieder lockern und das Becken wieder kippen.
Übung 2: Imaginäre Uhr
- Setzen Sie sich auf einen Stuhl und schieben Sie Ihre Hände von der Seite unter Ihre beiden Sitzbeinhöcker. Diese knöchernen Vorsprünge können Sie im unteren Bereich des Pos ertasten kann.
- Stellen Sie sich vor, Sie würden auf einer imaginären Uhr sitzen. Kippen Sie Ihr Becken abwechselnd in Richtung der 3, 6, 9 und der 12 auf dem Zifferblatt. Auf diese Weise bewegen Sie Ihr Becken zur Seite, nach hinten und nach vorne.
Beckenbodentraining für Männer – 5 Tipps für den Alltag
Daneben gibt es einige Tipps für den Alltag, wie Sie zu viel Druck auf Ihren Beckenboden vermeiden und die Muskulatur stärken – und nicht weiter schwächen.
1. Richtig aufstehen
Wenn Sie aus dem Liegen aufstehen möchten, rollen Sie sich zuerst auf die Seite. Dann stützen Sie sich auf und richten den Oberkörper auf – Sie „rollen“ sich also seitlich aus dem Bett. So vermindern Sie den Druck auf den Beckenboden. Wenn Sie Ihren Oberkörper direkt aus dem Liegen gerade aufrichten, drückt nämlich die kontrahierte Bauchmuskulatur den Beckenboden nach unten.
2. Auf eine gerade Haltung achten
Achten Sie beim Sitzen und Gehen darauf, dass Sie Ihren Rücken möglichst aufrecht und gerade halten. Wenn Sie krumm und buckelig auf dem Stuhl sitzen oder laufen, stauchen Sie die Bauchorgane zusammen – und diese drücken dann auf die Beckenbodenmuskulatur, was sie schwächt.
3. Lasten richtig anheben
Viele Menschen heben Lasten falsch: Sie beugen ihren Rücken und heben schwere Gegenstände mit durchgestreckten Knien an. Wenn Sie schwere Lasten heben müssen, tun Sie dies in der richtigen Haltung:
- Gehen Sie in die Knie (Hocke) und heben Sie Gegenstände mit geradem Oberkörper auf – die Kraft kommt dabei aus Ihren Beinmuskeln.
- Atmen Sie möglichst konstant bei der Belastung weiter und halten Sie nicht die Luft an.
- Halten Sie das Gewicht möglichst nah am Körper. Eventuell spannen Sie zusätzlich den Beckenboden an.
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4. Dynamisch stehen und gehen
- Stellen Sie die Beine hüftbreit auseinander. Die Füße zeigen leicht nach außen und Sie belasten beide gleichmäßig.
- Halten Sie Ihre Knie locker und kippen Sie das Becken leicht. Die Brustwirbelsäule ist aufgerichtet, das Brustbein angehoben und der Nacken lang.
- Wenn Sie ausatmen, nehmen Sie die beschriebene Position ein und spannen den Beckenboden an.
- Heben Sie abwechselnd das rechte und linke Bein einige Zentimeter vom Boden an (als würden Sie gehen) und halten Sie die Spannung des Beckenbodens dabei.
- Den Atem einfach weiterfließen lassen.
5. Husten und Niesen
Wenn sie husten oder niesen, schauen Sie am besten nach oben oder über die Schulter. So vermindern Sie den Druck im Bauchraum und schonen Ihren Beckenboden.
Quellen:
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