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Ernährung bei Krebs: „Es gibt keine Krebs-Diät“

10. April 2018 | von Ingrid Müller

Die Liste an populären Krebs-Diäten ist lang. Die meisten dieser Diäten versprechen viel und halten wenig. Doch was ist die richtige Ernährung bei Krebs? Und: Kann eine gesunde Ernährung vor Krebs schützen?

Zur Ernährung bei Krebs kursieren unzählige Ratschläge im Internet: Low-Carb wie die ketogene Diät oder Low-Fat-Diäten sollen Tumoren „aushungern“ und Krebs heilen können. Die meisten Krebs-Diäten arbeiten mit strikten Vorschriften, Regeln und dem kompletten Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel. Allerdings versprechen sie oft mehr, als sie letzendlich halten können. Die Idee dahinter ist: Krebszellen brauchen zum Beispiel Kohlenhydrate für ihren Stoffwechsel, etwa in Form von Zucker. Nur dann können sie sich teilen und im Körper vermehren. Durch den Entzug dieser Stoffe mangelt es den Krebszellen schließlich an Substanzen zum Leben – sie sterben ab. Das ist die jedenfalls die Hoffnung vieler Krebspatienten.

 

„Eine spezielle Ernährung bei Krebs existiert nicht“

Doch so einfach ist das nicht, denn mit keiner – wie auch immer gearteten – Krebs-Diät lässt sich eine Krebserkrankung bekämpfen oder sogar heilen. „Eine besondere Krebs-Diät oder spezielle Ernährung für Krebspatienten gibt es nicht“, betont Prof. Volkmar Nüssler vom Tumorzentrum München auf einer Pressekonferenz der Bayerischen Krebsgesellschaft e.V. in München. Dennoch leistet die Ernährung bei Krebs einen wesentlichen Beitrag zur Genesung von Krebspatienten. „Die Ernährung ist als unterstützende Maßnahme für den Heilungsprozess enorm wichtig, genauso wie Bewegung und die Psychoonkologie“, sagt Nüssler.

 

Welche Ernährung bei Krebs soll auf den Speiseplan?

Doch welche Ernährung bei Krebs ist nun gesund? Und welche Lebensmittel sollen gezielt auf den Teller? Zwei Antworten hat der Ernährungs- und Krebsspezialist Nüssler darauf, die zunächst vielleicht überraschend klingen: „Erstens sollten Obst, Gemüse und Getreide aus ökologischem Anbau stammen. Zweitens ist es wichtig, dass das Fleisch aus artgerechter Tierhaltung kommt.“ Solche Lebensmittel seien schon deswegen gesünder, weil sie weniger Schadstoffe, eine bessere Nährstoffzusammensetzung und damit eine höhere Qualität besäßen. Auch wenn die beiden Argumente vielleicht eher Öko-Verfechtern zuzuschreiben sind: „Sie sind auch aus medizinischer Sicht nicht unwichtig“, betont Nüssler. „Das Essverhalten beeinflusst uns selbst – und unsere Umwelt.“ Beide seien untrennbar miteinander verbunden.

 

Krebs führt oft zur Mangelernährung

Für Krebspatienten geht es keineswegs darum, beispielsweise den Dickmacher Zucker und den Blutdrucktreiber Salz zu verdammen und komplett vom Speisezettel zu streichen. „Es ist eine Frage der Dosis, ob eine Substanz gesund ist oder körperlichen Schaden anrichtet“, erklärt Nüssler.

Für viele Krebspatienten ist besonders die Mangelernährung ein echtes Problem. „Etwa ein Drittel leidet darunter“, sagt Nüssler. Der Krebs „holt“ sich Stoffe aus dem Körper und zehrt ihn somit aus. Auch leidet bei vielen Patienten zusätzlich der Appetit aufgrund der Krebstherapien. Daneben beeinträchtigen einige Medikamente das Geschmacksempfinden und lassen dann die Lust aufs Essen schwinden. „Wenn nichts mehr schmeckt, nützt das viele Reden über Ernährung natürlich nichts“, erzählt Nüssler. Die Mangelernährung sei weniger in den Kliniken als vielmehr im ambulanten Bereich ein Thema. Diesem müssten sich behandelnde Ärzte stärker widmen.

 

Richtige Ernährung bei Krebs: „Gegen die Monokultur im Kopf“

Dazu kommt, dass vielen der Bezug zu den Lebensmitteln verloren gegangen ist und das Essen heute keine große Wertigkeit mehr besitzt. „Dabei spielt der Genuss beim Essen immer mit, es geht es nicht nur um die Sättigung“, betont Nüssler. Doch in einer schnelllebigen Zeit wie heute schlingen viele Menschen ihr Essen hastig im Vorbeigehen „to go“ hinunter. Wer ständig unter Zeitdruck und Stress steht, nimmt sich keine Zeit fürs Essen und Genießen und kommt auch nicht zur Ruhe. Dann wirken die Nährstoffe aus der Nahrung weniger gut.

Zu einer gesunden Ernährung bei Krebs gehört es außerdem, möglichst viele verschiedene Nahrungsmittel auf den Tisch zu bringen achten. Wenn dort jeden Tag das Gleiche liegt, fehlen dem Körper irgendwann wichtige Nährstoffe, zum Beispiel Vitamine oder Ballaststoffe. „Bei vielen herrscht Monokultur im Kopf und deshalb Einfalt am Tisch“, findet Nüssler. Diese Vielfalt gelte auch für den Prozess des Kochens. Mit gesunden Zutaten und der richtigen Zubereitung lässt sich jede Menge Neues zaubern. „Die Leute müssen mehr Ideen bekommen fürs Kochen. Sie sollten nicht auf Fertiggerichte zurückgreifen, sondern lieber selbst bestimmen, was in den Topf kommt.“

 

Schützt eine gesunde Ernährung vor Krebs?

Eine gesunde Ernährung ist nicht nur für Menschen sinnvoll, die bereits an Krebs erkrankt sind. Sie kann sogar vor einigen Krebsarten sowie anderen Krankheiten schützen. Zu viele Pfunde sind ebenso ein Risikofaktor für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gelenkprobleme.Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat folgendes ausgerechnet: Rund 30 Prozent aller Krebsfälle in den westlichen Ländern seien auf ungünstige Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten zurückzuführen. Nüssler sagt: „Bei Darmkrebs sind die Ernährung, Übergewicht und mangelnde Bewegung zu 50 Prozent beteiligt.“ Auch für Brustkrebs seien solche Zusammenhänge bekannt.

So diskutieren Experten in Deutschland seit Jahren zum Beispiel die Einführung einer Zuckersteuer oder einer Lebensmittelampel. So wollen sie das grassierende Übergewicht und die Fettleibigkeit in Deutschland eindämmen. Großbritannien hat sich inzwischen für striktere Maßnahmen entschieden und besteuert zuckerhaltige Lebensmittel seit April 2018 stärker.

Einen 100-prozentigen Schutz bietet ein gesunder Lebensstil allerdings nicht. Denn auch schlanke Menschen, die Sport treiben, kaum Alkohol trinken und niemals in ihrem Leben geraucht haben, erkranken an Krebs.

 

Quellen