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Aggressiver Prostatakrebs - erhöht Fettleibigkeit das Risiko?

18. Juni 2019 | von Ingrid Müller

Fettleibigkeit kann bei Männern das Risiko für fortgeschrittenen Prostatakrebs und eine ungünstige Prognose erhöhen. Dies lässt jedenfalls eine neue US-Studie vermuten.

Fettleibigkeit ist eine gesundheitliche Gefahr für Männer – und Frauen. Die Liste an Krankheiten, die mit auf das Konto der Adipositas gehen, ist lang. Fettleibigkeit fördert das Risiko für die Zuckerkrankheit Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Gefäßverkalkung, Herzinfarkt), Fettleber oder Gelenkbeschwerden. Ganz zu schweigen von den seelischen Folgen, die zu viele Kilos auf Bauch, Hüften, Po und den Beinen mit sich bringen. 

Aber auch mit einigen Krebsarten steht die Fettleibigkeit (Adipositas) in Verbindung. Seit Jahren legen Männer (und Frauen) in Deutschland gleichermaßen an Gewicht zu. So sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts heute rund zwei Drittel der Männer (67 Prozent) übergewichtig. Und 23 Prozent der Männer leiden sogar unter Fettleibigkeit.

BMI-Rechner: Sind Sie zu dick?

Der BMI ist der Quotient aus Gewicht und Körpergröße zum Quadrat (kg/m²). Beispiel: Der BMI eines 1,85 m großen Mannes mit 95 kg beträgt 27,8 kg/m² (95 kg geteilt durch 1,85 x 1,85 m²)

Einen Online-BMI-Rechner des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) finden Sie hier »»

 

Gefahr für aggressiven Prostatakrebs steigt

Doch die vielen Kilos können offenbar das Risiko für aggressiven Prostatakrebs erhöhen, wie Forscher der Harvard T.H. Chan School of Public Health, Boston, Massachusetts, jetzt herausfanden. Besonders gefährlich scheinen das Bauchfett sowie der Speck an den Oberschenkeln zu sein. „Die Ergebnisse führen vielleicht zu einem besseren Verständnis, wie die Fettleibigkeit und Prostatakrebs genau zusammenhängen – und vermitteln neue Möglichkeiten für Therapien“, schreiben die Forscher. Die Studienergebnisse veröffentlichten sie in der Online-Ausgabe des Fachmagazins CANCER der Amerikanischen Krebsgesellschaft American Cancer Society.

Bauchumfang – wie groß darf er sein?

Nicht nur der BMI, sondern auch der Bauchumfang spielt beim Risiko für Krankheiten eine Rolle:

  • Männer: Der Bauchumfang sollte nicht mehr als 94 cm betragen. Mehr als 102 cm bedeuten ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko.
  • Frauen: Weniger als 80 cm Bauchumfang gelten noch als gesund. Liegt er höher als 88 cm, ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten erhöht.

 

Fettleibigkeit und Prostatakrebs – gefährliche Liaison

Schon frühere Studien hatten nahegelegt, dass die Fettleibigkeit bei Männern mit einem erhöhten Risiko für fortgeschrittenen Prostatakrebs und einer ungünstigeren Prognose verknüpft ist. Aber nicht nur die Tatsache der Fettleibigkeit, sondern auch die Fettverteilung im Körper könnte ein wichtiger Mitspieler bei Prostatakrebs sein, wie die neue US-Studie jetzt ergab. Der World Cancer Research Fund schreibt jedenfalls dazu: „Es gibt starke Hinweise darauf, dass Übergewicht und Fettleibigkeit das Risiko für fortgeschrittenen Prostatakrebs erhöhen.“

An der US-Studie nahmen 1.832 Männer aus Island teil, die im Schnitt 67 Jahre alt waren und über 13 Jahre beobachtetet wurden. Die Forscher um Barbra Dickerman analysierten die Fettverteilung bei den Männern mittels Computertomografie (CT). Auf CT-Bildern lässt es sich gut sichtbar machen, an welchen Stellen im Körper sich das Fett angehäuft hat. 

Darüber hinaus bestimmten sie den Body-Mass-Index (BMI) und maßen den Hüftumfang. Der BMI der Studienteilnehmer Männer lag zwischen 24,5 und 29,3 kg/m². Der durchschnittliche Anteil an körperfett betrug 18,8 bis 25,1 Prozent. Zusätzlich ermittelten sie das individuelle Risikoprofil der Männer für Prostatakrebs. Sie schätzten bei jedem Mann die Wahrscheinlichkeit für eine zukünftige Prostatakrebsdiagnose und die Gefahr, am Prostatakrebs zu sterben, ein.

BMI: Normalgewicht, Übergewicht oder Adipositas?

 

Fett an Bauch und Schenkeln ist besonders riskant

Im Lauf der Studie erkrankten 172 Männer an Prostatakrebs. Bei 43 Männern war das Prostatakarzinom besonders aggressiv und der Gleason-Score lag bei  ≥ 8. Eine schon bei der Diagnose fortgeschrittenen Tumor (≥cT3b/N1/M1 nach der TNM-Klassifikation), der sich im Lauf der Studie gefährlich weiterentwickelte, hatten 41 Männer. Und 31 Männer starben schließlich an ihrer Erkrankung. Die Forscher setzten jetzt die Fettleibigkeit mit dem Ausgang des Prostatakrebses in Verbindung.

Besonders riskant lebten offenbar Männer, bei denen sich das Fett in bestimmten Bereichen angesammelt hatte: als Bauchfett, das die Organe als dicke Fettschicht umgibt (viszerales Fett), und als Speck an den Oberschenkeln direkt unter der Haut. Sie hatten ein erhöhtes Risiko für fortgeschrittenen Prostatakrebs und dass der Krebs tödlich endete. Dieser Zusammenhang galt für alle Männer.

Das Bauchfett stufen Ärzte schon länger als besonders gefährlich ein, weil es hormonell aktiv ist und Entzündungsbotenstoffe produziert, die Cytokine. Gerade Männer tragen oft besonders viel Fett am Bauch mit sich herum. Die Fettverteilung scheint also für die Aggressivität des Prostatakrebses eine Rolle zu spielen. „Es ist möglich, dass große Mengen an Bauchfett ein Marker für ein hormonelles Milieu ist, das auch das Risiko für fortgeschrittenen Prostatakrebs beeinflusst“, erklärt Dickermann.

Nicht besser sah es – wie erwartet – bei den Parametern Body-Mass-Index und Hüftumfang aus: Ein hoher BMI und ein großer Hüftumfang waren ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für aggressiven Prostatakrebs und eine ungünstige Prognose verbunden.

 

Prostatakrebs: Männer mit niedrigerem BMI mit besonderem Risiko

Die Forscher stießen aber noch auf einen anderen interessanten Zusammenhang, als sie Männer mit hohem und niedrigerem BMI (<27 kg/m²) miteinander verglichen. „Der Zusammenhang zwischen Bauchfett, aggressivem Prostatakrebs und schlechter Prognose war bei Männern mit dem niedrigerem BMI sogar noch stärker ausgeprägt“, erklärt Dickerman. Zwar sei die Aussagekraft der Datenanalyse aus dieser Untergruppe begrenzt, aber es sei ein wichtiger Hinweis für weitere Forschungen.

Jetzt seien weitere Studien nötig, um den Einfluss der Fettverteilung im Körper auf die Entwicklung von Prostatakrebs genauer zu untersuchen. Studien, die nur den BMI oder Hüftumfang erfassten, seien womöglich nicht ausreichend, weil man so bestimmte Untergruppen von Männern, die eventuell Hochrisikopatienten seien, gar nicht erfasse. „Dies könnte auch erklären, warum frühere Studienergebnisse zu Fettleibigkeit und Prostatakrebs so widersprüchlich sind“, so die Forscher.

 

Fettleibigkeit schon in jungen Jahren verhindern

Doch wie können Ärzte Männern mit Fettleibigkeit nun helfen? Diese Frage greifen Celina H. Shirazipour und Stephen J. Freedland, vom Cedars-Sinai Medical Center, Los Angeles, California in einem begleitenden Artikel auf. Wichtig sei eine Veränderung des Lebensstils mit einer gesunden Ernährung und regelmäßigem Sport. Und zwar schon, bevor sie die Diagnose Prostatakrebs bekommen – als vorbeugende Schutzmaßnahme sozusagen.

Prostatakrebs vorbeugen

Lesen Sie, wie Sie die Gefahr für einen Prostatakrebs senken können

Die Autoren schreiben: „Für das Übergewicht und die Fettleibigkeit sind die Ernährung und körperliche Aktivität von entscheidender Bedeutung. Daher sollten Maßnahmen zum Gewichtsverlust schon bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf den Lebensstil abzielen, um das Risiko für späteren Prostatakrebs zu senken. „Die Kombination aus gesunder Ernährung und Sport scheint uns am wirkungsvollsten zu sein.“ So können männliche Geschöpfe zukünftig womöglich gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Quellen: