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Prostatakrebs – Nitrat im Trinkwasser als Risikofaktor?
14. März 2023 | von Ingrid MüllerNitrat im Trinkwasser könnte ein Risikofaktor für Prostatakrebs sein, ergab eine Studie aus Spanien. Eine gesunde Ernährung könne dieses Risiko jedoch wieder vermindern.
Für Prostatakrebs sind mehrere Risikofaktoren bekannt – oder werden zumindest diskutiert. Der wichtigste Risikofaktor ist das Alter, denn mit zunehmenden Lebensjahren steigt das Krebsrisiko ganz allgemein, auch jenes für ein Prostatakarzinom. Aber auch die Gene und Familiengeschichte, das Geschlechtshormon Testosteron und die ethnische Herkunft spielen dabei mit.
Jetzt hat eine spanische Forschungsgruppe vom Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal) womöglich eine neue Gefahr für Männer ausgemacht: Das Nitrat aus dem Trinkwasser. Die Menge an Nitrat, die ein Mann langfristig im Lauf seines Lebens über das Trinkwasser zu sich nimmt, könnte ein neuer Risikofaktor für Prostatakrebs sein, so die Wissenschaftler. Dieser Zusammenhang gelte vor allem für aggressive Prostatatumoren und jüngere Männer, schreiben sie.
Allerdings könne eine gesunde Ernährung diese negativen Effekte des Nitrats im Trinkwasser ein Stück weit ausgleichen. Ihre Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten sie im Fachblatt Environmental Health Perspectives.
Ursachen und Risikofaktoren Alle Ursachen und Risikofaktoren, die Prostatakrebs begünstigen könnten im Überblick! |
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Nitrat und Trihalomethane im Trinkwasser: „potenzielle Karzinogene“
Die Forscher wollten wissen, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Nitrat und sogenannten Trihalomethanen (THMs) im Trinkwasser und der Entwicklung von Prostatakrebs gibt. Diese Substanzen sind im Trinkwasser weit verbreitet und gelten als schädlich. „Für Menschen sind das potenzielle Karzinogene“, schreiben sie.
Auch in Deutschland ist das Grundwasser mit zu hohen Nitratmengen belastet. Verantwortlich dafür sind vor allem die Landwirtschaft und der intensive Einsatz von Düngemitteln. Über den Regen werden die Stoffe ins Grundwasser geschwemmt. Das Umweltbundesamt schreibt: „Wo Landwirtschaft betrieben wird, ist deutschlandweit zu viel Nitrat im Grundwasser. Das Wasser aus der Leitung ist trotzdem sicher.“ Cristina Villanueva vom ISGlobal, die auf Wasserverunreinigungen spezialisiert ist, erklärt: „Nitrat ist eigentlich Verbindung, die ein Teil der Natur ist, aber wir haben ihren natürlichen Kreislauf verändert.“
Trihalomethane sind Nebenprodukte, die sich bei der Wasserdesinfektion bilden, normalerweise beim Einsatz von Chlor als Desinfektionsmittel. Im Gegensatz zum Nitrat, das Menschen nur über den Mund aufnehmen können, gelangen THMs auch über die Atemwege und die Haut in einen Menschen. Beispiele: Beim Duschen, in Schwimmbädern oder bei Geschirrspülen. Wer lange THMs ausgesetzt ist, hat eventuell ein erhöhtes Risiko für Blasenkrebs. Dies legen Studien nahe. Der Zusammenhang von THMs mit anderen Krebsarten wie dem Prostatakrebs wurde aber bisher noch nicht ausreichend untersucht.
Männer mit und ohne Prostatakrebs – wie viel und welches Wasser?
Die spanische Forschungsgruppe wollte in ihrer Studie wissen, ob es einen Zusammenhang zwischen der Aufahmen von Nitrat und THMs über das Trinkwasser und der Entwicklung von Prostatakrebs gibt. In den Jahren von 2008 bis 2013 rekrutierten sie 697 Männer in spanischen Kliniken, die an Prostatakrebs erkrankt waren. 97 dieser Männer litten unter einem aggressiven Prostatakarzinom. Die Kontrollgruppe bestand aus 927 Männern zwischen 38 und 85 Jahren aus der normalen Bevölkerung in Spanien. Keiner dieser Männer hatte zum Zeitpunkt der Studie eine Prostatakrebsdiagnose.
Prostatakrebsrisiko Diese Risikofaktoren werden diskutiert: Sterilisation, Unfruchtbarkeit, zwei Hormone, das "Cholesterintaxi" Lipoprotein A, Milch oder eine HPV-Infektion. |
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Dann errechneten sie die durchschnittlichen Mengen an Nitraten und Trihalomethanen, denen jeder Studienteilnehmer seit seinem 18. Lebensjahr ausgesetzt war. Einbezogen in die Berechnungen wurden die Wohnorte sowie welche Art von Wasser sie konsumiert hatten, etwa Leitungswasser, Wasser aus Flaschen und in einigen Fällen auch Brunnenwasser.
Außerdem flossen mit in die Analyse ein:
- Mengen an Wasser, welche die Männer im Lauf ihres Lebens getrunken hatten
- Daten von Behörden zur Trinkwasserkontrolle sowie die Herstellerangaben auf den abgefüllten Wasserflaschen (einbezogen waren weit verbreitete Marken)
- Messungen in verschiedenen Regionen Spaniens, die mit Grundwasser versorgt werden
Zudem berücksichtigen die Forscher die Aggressivität des Prostatakrebses, das Alter, die Ausbildung, den Lebensstil und Ernährungsfaktoren.
Je mehr Nitrat, desto höher das Risiko für Prostatakrebs
Die Studie ergab Folgendes: Je höher die Nitrataufnahme eines Mannes war, desto deutlicher war auch der Zusammenhang mit einem Prostatakrebs. Die Ergebnisse im Kurzüberblick:
- Männer, die größere Mengen an Nitrat über das Trinkwasser (durchschnittlich mehr als 14 Milligramm pro Tag im Lauf des Lebens) aufgenommen hatten, hatten ein 1,6-mal höheres Risiko, an einem Prostatakrebs mit niedrigem oder mittlerem Risiko zu erkranken. Verglichen wurden sie mit Männern, die im Schnitt weniger als 6 Milligramm pro Tag konsumiert hatten.
- Ihr Risiko für ein aggressives Prostatakarzinom (Gleason-Score ≥8) lag sogar fast dreimal höher als bei Männern, die in ihrem Leben nur geringe Mengen Nitrat konsumiert hatten.
„Schon früher wurde vermutet, dass bei aggressiven Prostatatumoren, die mit einer ungünstigeren Prognose verbunden sind, andere ursächliche Mechanismen am Werk sind als bei langsam wachsenden Tumoren, die weniger gefährlich sind. Unsere Ergebnisse stützen diese These“, erklärt Carolina Donat-Vargas, die Hauptautorin der Studie. „Die Risiken, die mit der Nitrataufnahme über das Trinkwasser verbunden sind, werden auch schon bei Menschen beobachtet, die Wasser mit weniger Nitrat als die maximal von den Europäischen Behörden erlaubte Menge aufnehmen. Und das sind 50 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser.“
Die Aufnahme von THMs über das Trinkwasser bedeutete dagegen kein erhöhtes Risiko für Prostatakrebs. Allerdings waren die THM-Konzentrationen im Leitungswasser am Wohnort sehr wohl mit der Entwicklung dieser Tumoren verknüpft. Die Forschergruppe vermutet, dass hier andere Aufnahmewege als über den Mund eine Rolle spielen – über die Atemwege und über die Haut. Hier seien weitere Untersuchungen notwendig, um die möglichen Aufnahmewege der THMs genauer zu beleuchten.
Prostatakrebs: Ernährung kann sich schützend bei hoher Nitrataufnahme auswirken
Die Männer hatten aber nicht nur Angaben zur Art und Menge des Trinkwasserkonsums gemacht, sondern auch einen Fragebogen zu ihrer Ernährungsweise ausgefüllt. Und hier stieß die Forschungsgruppe auf einen weiteren interessanten Zusammenhang: Die Verbindung zwischen der aufgenommenen Nitratmenge und dem erhöhten Risiko für Prostatakrebs wurde nur bei Männern beobachtet, die wenig Ballaststoffe, Obst, Gemüse und Vitamin C zu sich nahmen.
- Bei Männern, die nur wenige Ballaststoffe verzehrten (weniger als 11 Gramm pro Tag), erhöhte eine größere Nitrataufnahme die Wahrscheinlichkeit für Prostatakrebs um den Faktor 2,3.
- Dagegen ließ sich bei Männern, die ballaststoffreich aßen (mehr als 11 Gramm täglich), kein erhöhtes Prostatakrebsrisiko auch bei einer höheren Nitrataufnahme ausmachen.
Esst Pflanzen! |
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Cristina Donat-Vargas erklärt dies so: „Antioxidantien, Vitamine und Polyphenole aus Früchten und Gemüse könnten womöglich die Bildung von Nitrosaminen im Magen verhindern. Das sind Verbindungen mit krebserregendem Potenzial.“ Außerdem zeige Vitamin C eine deutliche Anti-Tumor-Aktivität. Und Ballaststoffe seien gut für die Darmbakterien. Die Mikroben machen giftige Stoffe aus der Nahrung unschädlich, die bei der Verstoffwechselung anfallen. „Dazu gehören auch Nitrosamine“, so die Forscherin.
Wasser zu trinken heißt nicht, Prostatakrebs zu bekommen
Die Forschungsgruppe betont jedoch, dass ihre Studie nur erste Hinweise auf den Zusammenhang zwischen Prostatakrebs und Nitrat im Trinkwasser liefere. Es seien weitere Studien nötig, um die Zusammenhänge weiter zu untersuchen. Denn eine ursächliche Beziehung, dass das Nitrat im Trinkwasser für den Prostatakrebs verantwortlich sei, lasse sich so nicht herstellen. „Wer sich Nitraten durch das Trinkwasser aussetzt, muss nicht zwangsläufig an Prostatakrebs erkranken“, kommentiert Donat-Vargas.
„Anstoß, um erlaubte Nitratwerte im Trinkwasser zu überprüfen“
Die Forschungsgruppe hofft, durch ihre Studie mehr Aufmerksamkeit für Schadstoffe im Trinkwasser und deren mögliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu schaffen. Wichtig sei, dass die Behörden aktiv werden und das Trinkwasser stärker kontrollieren. „Wir hoffen, dass unsere Studienergebnisse ein Anstoß dafür ist, die erlaubten Nitratwerte im Trinkwasser zu überprüfen. Die Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass es für die menschlichen Gesundheit keine Risiken gibt“.
Die Wissenschaftler schlagen vor, den Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden in der Landwirtschaft schärfer zu begrenzen, um die Nitratmenge im Trinkwasser zu reduzieren. Stattdessen solle eine Ernährung gefördert werden, welche die Gesundheit des Planeten und des Menschen in den Vordergrund stelle. Konkret bedeutet dies: Die Produktion und den Konsum tierischer Nahrungsmittel reduzieren, besonders von Fleisch.
Nitrat im Trinkwasser – was macht Deutschland?
In Deutschland wird das Trinkwasser zum größten Teil aus dem Grundwasser hergestellt. Doch dieses ist oft zu stark mit Nitrat belastet. Seit mehr als 30 Jahren verletzt Deutschland die EU-Nitratrichtlinie zum Grundwasserschutz. Die meisten europäischen Länder halten diese Richtlinien ein, aber auch in Spanien gibt es zu viele Nitrate und zu wenige schlagkräftige Maßnahmen.
Die wichtigste Ursache von zu viel Nitrat im Grundwasser ist die stickstoffhaltige Düngung in der Landwirtschaft. Neben Mineraldünger bringen die Landwirte Gülle aus Mastställen oder Biogasanlagen auf den Feldern aus. Der Anteil, den die Pflanzen nicht verbrauchen und der im Boden nicht abgebaut wird, gelangt als Nitrat in das Grundwasser. Rund 18 Prozent des Grundwassers in Deutschland hält laut Umweltbundesamt den geltenden Schwellenwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter nicht ein.
Die Wasserversorger stellen jedoch sicher, dass das Trinkwasser in Deutschland fast überall unbelastet ist. In nahezu allen Proben der amtlichen Trinkwasserüberwachung wird der Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter nicht überschritten. Um diesen Grenzwert einzuhalten, mischen die Wasserversorger oft unbelastetes mit belastetem Rohwasser. Zudem vertiefen oder verlagern sie Brunnen, um das Trinkwasser - und die Gesundheit zu schützen.
Quellen:
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