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Aggressiver Prostatakrebs: Gewichtszunahme in jungen Jahren gefährlich

22. Mai 2023 | von Ingrid Müller

Übergewicht und Fettleibigkeit sind nicht gesund – das ist bekannt. Wenn aber Männer in jungen Jahren Gewicht zulegen, kann dies gefährlich werden. Das Risiko für aggressiven Prostatakrebs steigt und auch die Gefahr, daran zu sterben. 

Eine Gewichtszunahme von mehreren Kilos in jungen Jahren strapaziert nicht nur das Herz, den Kreislauf und die Gelenke, sondern scheint auch mit einem aggressiven Prostatakrebs in Verbindung zu stehen. Männer, die in der späten Jugend und in den späten 20er Jahren deutlich an Gewicht zulegen, haben offenbar ein erhöhtes Risiko, an einem gefährlichen Prostatakrebs zu erkranken. Auch die Wahrscheinlichkeit, später an ihrem Prostatakarzinom zu sterben, steigt. Darauf deutet einer Langzeitstudie von der schwedischen Lund University in Malmö hin. Die Ergebnisse wurden auf dem European Congress on Obesity (ECO) in Dublin, Irland, im Mai 2023 vorgestellt.

Fettleibigkeit

US-Studie: Adipositas kann das Risiko für fortgeschrittenen Prostatakrebs und eine ungünstige Prognose erhöhen.

Prostata Hilfe Deutschland: Illustrationsbild Fettleibigkeit - Dicker Mann

Prostatakrebsrisiko: Langzeitstudie mit einer Viertelmillion Männer

Die Forschungsgruppe um Dr. Marisa da Silva wollte mehr über den Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit – der Adipositas – und Prostatakrebs wissen. Sie analysierte die Daten von 258.477 Männern aus Schweden. Diese Männer hatten ihr Körpergewicht mindestens dreimal zwischen dem 17. und 60. Lebensjahr bestimmen lassen oder es selbst bestimmt.  Alle nahmen an der Studie namens „Obesity and Disease Development Sweden (ODDS)“ teil und hatten zu Beginn der Studie keinen Prostatakrebs. 

Bei 83 Prozent der Probanden wurde das Gewicht objektiv von einer anderen Person bestimmt, die anderen Männer machten eigene Angaben zu ihrem Körpergewicht. Die ODDS-Studie fand zwischen 1963 und 2014 statt. Bis zum Jahr 2019 wurden die Männer weiter beobachtet. Im Schnitt waren es 43 Jahre. 

Alle Prostatakrebsdiagnosen und Todesfälle in dieser Zeit wurden festgehalten. Im Studienzeitraum erhielten 23.348 Männer die Diagnose Prostatakrebs. Zum Zeitpunkt der Diagnose waren sie durchschnittlich 70 Jahre alt. 4.790 Männer starben an ihrem Prostatakarzinom.

Prostatakrebs: Dicker werden in jungen Jahren kann gefährlich sein

Die Studienteilnehmer legten durchschnittlich 0,45 Kilo pro Jahr an Gewicht zu. Der durchschnittliche Zeitraum von der ersten bis zur letzten Gewichtsbestimmung betrug 16 Jahre. Die größte Gewichtszunahme wurde in den frühen Lebensjahren verzeichnet. 

Im Durchschnitt nahmen die Probanden:

  • 0,73 Kilo jährlich zwischen dem 17. und 29. Lebensjahr
  • 0,34 Kilo pro Jahr zwischen 30 und 44 Jahren und
  • 0,22 Kilo jährlich zwischen 45 und 60 Jahren zu.

 

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Die Zunahme des Körpergewichts hatte sowohl einen Einfluss auf die  Entwicklung von Prostatakrebs als auch auf seine Aggressivität. 

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

  • Eine Gewichtszunahme von mehr als einem halben Kilo pro Jahr im Lauf eines Männerlebens war mit einem zehn Prozent höheren Risiko für aggressiven Prostatakrebs im Vergleich zu jenen Männern verbunden, die über die Jahre ein stabiles Gewicht hatten. Das Risiko, daran zu sterben, war um 29 Prozent höher als bei Männern, die ihr Gewicht hielten. 
  • Eine genauere Analyse zeigte, dass vor allem das Alter, in dem das Gewicht stieg, eine Rolle spielte. Besonders Männer, die zwischen dem 17. und 29. Lebensjahr dicker wurden, hatten ein erhöhtes Risiko für aggressiven Prostatakrebs. Ein Mann, der in diesen jungen Lebensjahren ein Kilogramm pro Jahr zulegte – also insgesamt 13 Kilo über diese Zeitspanne – hatten ein 13 Prozent höheres Risiko für aggressiven Prostatakrebs und ein 27 Prozent höheres Risiko, an seinem Prostatakarzinom zu sterben.

 

Jüngere Männer

Studie aus Taiwan: Wenn Männer in jüngeren Jahren Prostatakrebs bekommen, ist er oft aggressiver.

Prostata Hilfe Deutschland: Mann steht in Hose und freiem Oberkörper
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Die Studienleiterin Dr. Marisa da Silva erklärt dies so: „Frühere Studien haben nahegelegt, dass erhöhte Mengen des Wachstumsfaktors IGF-1 mit einem erhöhten Prostatakrebsrisiko einhergehen. Dieses Hormon ist am Zellwachstum beteiligt. Und bei Menschen mit Fettleibigkeit sind die Mengen an diesem Hormon erhöht. Ein steiler Anstieg des Körpergewichts könnte diese Zusnahme weiter befeuern und die Entwicklung von Prostatakrebs begünstigen.“

Gefährlichem Prostatakrebs vorbeugen durch gesundes Körpergewicht?

Männer, die eine Gewichtszunahme in jungen Jahren verhindern, könnten also ihr Risiko für aggressiven und tödlichen Prostatakrebs senken, schlussfolgert die Forschungsgruppe. „Der Schlüssel, um Prostatakrebs vorzubeugen, ist es, mehr darüber zu wissen, erklärt da Silva. Bekannt sind einige Risikofaktoren, die Männer aber kaum beeinflussen können. Dazu gehören das Alter oder die Gene. In manchen Familien kommt Prostatakrebs gehäuft vor. Diese Männer bringen ein erbliches Risiko für bösartige Tumore in der Prostata mit. 

Auch ist Prostatakrebs nicht gleich Prostatakrebs. Manche Prostatakarzinome wachsen langsam und werden Männern zu ihren Lebzeiten kaum gefährlich. Andere sind dagegen aggressiv, entwickeln sich schnell, streuen rasch in andere Organe und Gewebe und bilden dort Metastasen. Betroffen sind oft die Knochen,  Leber oder Lunge. Forschende müssten nun herausfinden, ob hier die gleichen oder vielleicht andere Risikofaktoren am Werk seien, sagt da Silva.

Prostatakarzinom und Körperfett – Zusammenhänge noch nicht geklärt

Frühere Studien haben schon einen engen Zusammenhang zwischen überschüssigem Körperfett und dem Risiko für gefährlichen Prostatakrebs nachgewiesen. Allerdings steht der Beweis, dass das Fett ganz allgemein mit der Entstehung von Prostatakrebs zusammenhängt, noch aus.  

Die Schwäche vieler Untersuchungen sei, so da Silva, dass sie das Körperfett zu einem speziellen Zeitpunkt bestimmt hätten, aber nicht die Aggressivität des Prostatakarzinoms. „Wir wissen nicht, ob die Gewichtszunahme selbst oder die lange Zeitspanne, in der ein Mann zu viele Kilos wiegt, der „Treibstoff“ für die beobachteten Zusammenhänge ist.“ Nichtsdestotrotz sei eine Zunahme des Körpergewichts bei jungen Männern ein wichtiger Faktor, um bei der Prävention von Prostatakrebs anzusetzen, so die Forscherin. 

Prostatakrebs vorbeugen

Krebsprävention: Lesen Sie, wie Sie die Gefahr für einen Prostatakrebs senken können

Prostata Hilfe Deutschland: Mann im Schwimmbad
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23 Prozent der Männer sind adipös – Anstieg bei jungen Männern

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) sind In Deutschland rund zwei Drittel (67 Prozent) der Männer und mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Frauen übergewichtig. Ihr Body Mass Index (BMI) beträgt ≥ 25 kg/m2.  Ein Viertel der Erwachsenen sind stark übergewichtig und leiden unter Fettleibigkeit (Adipositas). Der BMI liegt dann bei  ≥30 kg/m2). Adipös sind 23 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen. 

Die Häufigkeit von Adipositas nimmt mit dem Alter zu. Bei Personen mit hohem sozioökonomischem Status ist sie wesentlich geringer. In den letzten zwei Jahrzehnten stellten Mediziner und Medizinerinnen einen starken Anstieg der Adipositas fest -  besonders bei Männern und im jungen Erwachsenenalter.

Quellen:

  • Da Silva, M. et al. Weight trajectories through adulthood and incident and fatal prostate cancer: The Obesity and Disease Development Sweden (ODDS) pooled cohort study. ECO 2023, abstract PO2.050, https://drive.google.com/file/d/1ELqaI_UE53glSsqc3jODNLDmcxWm_s_s/view und https://drive.google.com/file/d/13zwH2EsCMEUOB7acG9PwvyMbCqcLCbl9/view (Abruf: 22.5.2023)
  • Adipositas Gesellschaft, https://adipositas-gesellschaft.de/ueber-adipositas/praevalenz/ (Abruf: 22.5.2023)