© Thomas Albrecht/Uniklinkum Dresden
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Prostatakrebs: Neue Behandlung mit Laserfasern

14. Mai 2018 | von Ingrid Müller

Für Männer mit wenig aggressivem Prostatakrebs gibt es eine neue Behandlung. Dabei aktiviert Laserlicht ein Medikament, welches die Krebszellen zerstört.

Männer mit wenig aggressivem Prostatakrebs haben gute Chancen, dass ihr Krebs nicht so schnell weiter wächst. Für diesen wenig bösartigen Prostatakrebs gibt es derzeit mehrere Behandlungsmöglichkeiten, die unterschiedlich radikal ausfallen: die komplette Entfernung der Prostata durch eine Operation (radikale Prostatektomie), die Strahlentherapie von innen oder außen und die aktive Überwachung des Tumor (Active Surveillance).

Jetzt bekommen Männer mit frühem Prostatakarzinom vielleicht noch eine weitere Therapieoption. Sie funktioniert minimalinvasiv, kommt also ohne große Schnitte aus: Das sogenannte Tookad-Verfahren arbeitet mit einem lichtempfindlichen Medikament und Laserlicht. Die Besonderheit ist, dass die Methode nur an jenen Stellen der Prostata ansetzt, die der Krebs tatsächlich befallen hat. Gesundes Gewebe bleibt dagegen weitgehend verschont. Ärzte vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden haben es jetzt erstmals in der klinischen Praxis und nicht mehr im Rahmen von Studien angewendet. Zu beachten ist, dass die neue Behandlung nicht in die aktualisierten medizinischen Leitlinien zur Behandlung von Prostatakrebs aufgenommen ist und die Krankenkassen die Kosten für die Therapie dehalb nicht übernehmen.

 

Mit Laser gegen Prostatakrebs im Frühstadium

Das Laserverfahren zählt zu den sogenannten Photodynamischen Therapien, die Ärzte zum Beispiel auch bei bestimmten Hautkrebsformen anwenden. Ein wichtiger Teil der neuen Krebsbehandlung ist der lichtempfindliche Wirkstoff Padeliporfin, den der Operateur in die Venen injiziert. Der Wirkstoff der Arznei leitet sich vom Chlorophyll (grüner Pflanzenfarbstoff) spezieller Tiefseebakterien ab. Anschließend „spickt“ der Arzt das Krebsgewebe der Prostata über den Damm mit winzigen Laserfasern. An diesen Fasern entlang schickt er Laserlicht, welches den Wirkstoff aktiviert. Das Medikament zerstört dann die Gefäße, schneidet die Blutzufuhr ab und lässt das Krebsgewebe absterben.

Tookad: Der Arzt bringt die Laserfasern in ein Steuerungselement ein © Thomas Albrecht/Uniklinium Dresden

Die Operation dauert etwa anderthalb Stunden, die Laserbehandlung selbst rund 20 Minuten. Weil die Behandlung mit Laserfasern kaum Nebenwirkungen habe, könnten Männer meist am dritten Tag nach Hause gehen, versprechen die Dresdener Ärzte. Neun bis zwölf Monate nach der OP prüfen sie durch eine Biopsie, wie es um den Gesundheitszustand des verbliebenen Prostatagewebes bestellt ist. Sie testen, ob noch Krebszellen nachweisbar sind oder nicht.

 

Risikoarmer Prostatakrebs, risikoarme Behandlung

„Patienten in Deutschland mit einem Niedrig-Risiko-Prostatakarzinom können wir jetzt auch risikoarm behandeln“, betont Prof. Manfred Wirth, der die Operation mit seinem Team durchgeführt hat. Gravierende Eingriffe wie die Bestrahlung des Tumors oder eine radikale Prostatektomie seien mit erheblichen Nebenwirkungen wie der Harninkontinenz oder Erektiler Dysfunktion verbunden. Erst kürzlich deckte eine Studie auf, dass der Schutz der Sexualfunktion bei vielen Männern zwar Priorität hat, sie aber dennoch rabiate Behandlungen wählen. „Beim Tookad-Verfahren tritt keine Inkontinenz auf. Auch Einschränkungen der Potenz sind sehr selten“, erklärt Wirth.

Die aktive Überwachung des Prostatakrebses gilt zwar ebenfalls als schonend, weil sie keine körperlichen Nebenwirkungen verursacht. Wohl aber sorgt sie für Stress und beeinflusst die Seele mancher Männer. „Regelmäßige ärztliche Kontrollen ohne therapeutischen Eingriff belasten viele Patienten fortwährend psychisch“, weiß Krebsspezialist Wirth.

 

Lasertherapie derzeit nicht gegen jeden Prostatakrebs

Die Lasermethode für Männer mit Prostatakrebs im Frühstadium ist noch relativ neu. Erst vor zwei Jahren entwickelten sie Wissenschaftler vom israelischen Weizmann-Institut in Rehovot. Eine kleine Studie mit wenigen Patienten an mehreren europäischen Krebszentren ergab, dass die Behandlung bei wenig aggressivem Prostatakrebs gut wirksam ist. Die Forscher hatten das Laserverfahren dabei mit der aktiven Überwachung verglichen.

197 Patienten erhielten in der Studie eine Laserbehandlung und das lichtempfindliche Medikament, während der Krebs bei 207 Männer aktiv kontrolliert wurde. Zwei Jahre später zeigte sich folgendes Bild: Von 80 Männer mit Krebs in nur einem Prostatalappen hatten 52 (65 Prozent) eine negative Biopsie (kein Krebs nachweisbar), wenn sie den Laserfasern behandelt worden waren. Bei der aktiven Überwachung waren es dagegen nur elf von 78 Patienten (14,1 Prozent). Auch der Anteil der Männer, bei denen der Prostatakrebs fortschritt, war in der Lasergruppe nur halb so groß wie bei der aktiven Überwachung: 27 von 80 Patienten (33,8 Prozent) versus 53 von 78 Patienten (67,9 Prozent).

Die Laserbehandlung steht aber derzeit nur Männern mit wenig gefährlichem Prostatakrebs offen. Im Rahmen neuer Studien wollen Mediziner deshalb die Anwendungsfelder der neuen Operationstechnik ausweiten. So könnten womöglich zukünftig auch Männer mit riskanterem Prostatakrebs vom neuen Verfahren profitieren.

 

Quellen