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PSA-Test – Männer zahlen weiterhin selbst

21. Dezember 2020 | von Ingrid Müller

Der PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs bei gesunden Männern birgt seit Jahren Zündstoff. Jetzt hat der Gemeinsame Bundesausschuss entschieden: Die gesetzlichen Krankenkassen tragen die Kosten auch in Zukunft nicht.

Den PSA-Test im Rahmen der Krebsvorsorge müssen gesunde Männer ohne Prostatakrebs-Symptome weiterhin selbst bezahlen. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für das PSA-Screening nicht. Dies hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G‑BA) jetzt entschieden. Nur in bestimmten Fällen zahlen die Krankenkassen den PSA-Test: Wenn Ärzte auffällige Befunde weiter abklären oder den Verlauf eines Prostatakrebses kontrollieren wollen. Damit hält der G‑BA an seiner bisherigen Position fest: Keinen flächendeckenden Einsatz des PSA-Tests in der Früherkennung von Prostatakrebs.

PSA-Test: Was kostet er?

  • Der PSA-Test bleibt in der Krebsvorsorge eine Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL), für die sich Männer freiwillig entscheiden. Inklusive einer ärztlichen Beratung kostet der PSA-Test meist zwischen 25 und 35 Euro.
  • Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen dagegen Männern ab 45 Jahren eine jährliche Tastuntersuchung der Prostata.

 

PSA-Test nicht auf Kassenkosten – „folgenschwere Fehlentscheidung“

Dr. Frank Schiefelbein, Würzburger Urologe, kommentiert: „Ich halte das für eine falsche Entscheidung, die viele Gesichtspunkte der Diagnostik und Therapieoptionen je nach Stadium vernachlässigt.“ Ähnlich deutlich fällt das Urteil der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) in ihrer Stellungnahme aus: Dies sei „ein großer Rückschlag bei der Früherkennung der häufigsten Krebsart des Mannes.“ Die DGU hatte sich nachdrücklich für den PSA-Test im Rahmen eines Screenings ausgesprochen und damit den Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe (BPS) unterstützt. Die Patientenvertreter hatten die Neubewertung des PSA-Screenings initiiert.

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Diese Position der DGU habe der Gemeinsame Bundesausschuss nun ignoriert. „Die DGU hält es für eine folgenschwere Fehlentscheidung zum Nachteil der Patienten, dass die gesetzlich geregelte Früherkennung des Prostatakarzinoms – entgegen den Empfehlungen einer großen wissenschaftlichen Allianz – auch künftig ausschließlich über die digital-rektale Untersuchung erfolgt“, kommentiert Prof. Maurice Stephan Michel, DGU-Generalsekretär und Sprecher des Vorstands.

 

PSA-Test – mehr Schaden als Nutzen?

Die Grundlage für die Entscheidung des G‑BA war der Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG). Dieser war zu dem Schluss gekommen, dass ein PSA-Screening mehr Schaden anrichte als nutze. Denn der PSA-Test liefere eine hohe Anzahl falsch-positiver Ergebnissen. Das heißt: Der PSA-Wert schlägt Alarm, was viele Männer in Angst und Schrecken versetzt. Die anschließende Prostatabiopsie gibt dann Entwarnung – es liegt also kein Prostatakarzinom vor. Denn für erhöhte PSA-Werte gibt es verschiedene Gründe, die nicht Prostatakrebs heißen: von der Prostataentzündung über die vorherige Tastuntersuchung bis hin zum Radfahren und Sex.

Auch die Anzahl von Überdiagnose durch den PSA-Test sei zu hoch, argumentiert der G‑BA: Ärzte finden in diesem Fall zwar Prostatakrebs, der jedoch nur langsam wächst und den Männern zu Lebzeiten vermutlich nie gefährlich geworden wäre. Die Folge davon sind wiederum Übertherapien – mit oft einschneidenden Nebenwirkungen. Umgekehrt lässt sich ein Prostatakrebs aber nicht mit Sicherheit ausschließen, wenn der PSA-Wert normal ist. Dies würde ein falsch-negatives Testergebnis bedeuten, bei dem sich die Männer in trügerischer Sicherheit wiegen.

In Einzelfällen, so der G‑BA, habe das PSA-Screening aber durchaus Vorteile: Ärzte erkennen Prostatakrebs früher, die Krankheit schreitet langsamer voran und Todesfälle aufgrund der Krebserkrankung ließen sich vermeiden. Dennoch fällt die Nutzen-Schaden-Bilanz für den G‑BA zu Ungunsten des PSA-Tests an gesunden Männern aus. „Die Aussagekraft des PSA-Wertes ist zu gering“, urteilen die Experten.

PSA-Test und PSA-Wert

Lesen Sie, was für oder gegen einen PSA-Test spricht,  wie Sie die PSA-Werte richtig lesen und die wichtigsten Fragen und Antworten zum PSA-Wert

 

Risikoadaptierter PSA-Test: Welche Risikofaktoren bringt ein Mann mit?

Der G‑BA will erst abwarten, bis die Ergebnisse der Studie namens PROBASE vorliegen. Sie läuft derzeit in Deutschland und knapp 47.000 Männer nehmen daran teil. Ziel der Studie ist es, eine risikoadaptierte Screening-Strategie für Prostatakrebs zu entwickeln. Dies bedeutet, dass Ärzte den PSA-Wert nicht flächendeckend in Rahmen einer Reihenuntersuchung bei jedem Mann ab einem gewissen Alter bestimmen.

Vielmehr spielt das individuelle Risikoprofil eines Mannes für diese Krebsart eine Rolle. Risikofaktoren können zum Beispiel ein Prostatakrebs in der Familie oder ein erhöhter PSA-Ausgangswert im Alter von 40 oder 45 Jahren sein. Der Urologe Frank Schiefelbein ist sich sicher: „Wir brauchen einen differenzierteren Umgang mit dem PSA-Wert. Daher besitzt ein risikoadaptierter PSA-Test zukünftig die größte Bedeutung.“

Prof. Arnulf Stenzl, der DGU-Präsident, erklärt: „Der G‑BA lässt außer Acht, dass es bei der Bestimmung des PSA-Werts nicht um eine systematische, rein altersbezogene Reihenuntersuchung geht.“ Dies impliziere der Begriff „Screening“ unglücklicherweise. Vielmehr sei der PSA-Test ein wesentlicher Grundstein für eine risikoadaptierte, individualisierte Früherkennung von Prostatakrebs. „Dieser differenzierte Einsatz der PSA-Bestimmung minimiert falsch-positive Befunde sowie Überdiagnosen und ‑therapien auf ein in der Onkologie vertretbares Maß“, so Stenzl weiter. Der G‑BA habe somit eine „bisher einmalige Gelegenheit vertan, die Prostatakrebs-Früherkennung nach dem Stand zeitgemäßer Diagnostik zu verbessern.“

Experten-Interview

Der Urologe Dr. Frank Schiefelbein erklärt im Interview, warum ein risikoadaptierter PSA-Test die Zukunft ist und warum man den PSA-Test keinesfalls verteufeln sollte.

Der Wermutstropfen für Männer: Ärzte rechnen erst in einigen Jahren mit aussagekräftigen Ergebnissen der PROBASE-Studie. Es wird also noch einige Zeit ins Land gehen. Nur bei entsprechenden (positiven) Studienergebnissen kann im G‑BA ein Antrag zur nochmaligen Beratung gestellt werden. Berechtigt dazu sind Patientenvertreter sowie die Trägerorganisationen und unparteiischen Mitglieder des G‑BA. Erst dann könnte der PSA-Test tatsächlich ein Teil eines gesetzlichen Programms zur Früherkennung von Prostatakrebs werden. Und bis dahin heißt es: Männer müssen den PSA-Test zur Krebsfrüherkennung aus der eigenen Tasche bezahlen.

Quellen: