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Prostata-Vorsorge: "Scham am falschen Platz"

16. März 2018 | von Sabine Knapp

Prostatakrebs ist gut heilbar, wenn er früh erkannt wird. Doch nur etwa 15 Prozent der Männer gehen zur Vorsorge. Warum die Tastuntersuchung wichtig ist und wie sie abläuft, erzählt Toni Tillmann aus Hamburg im Interview. Der 66-Jährige geht seit über 20 Jahren regelmäßig zum Check.

Herr Tillmann, viele Männer wissen nicht genau, was bei der Prostata-Vorsorge und einer Tastuntersuchung auf sie zukommt. Erklären Sie es uns doch bitte.

Was ich gleich sagen kann und vielen Männern sicher ungemein wichtig ist: Die Prostata-Vorsorge ist schnell rum! Nach einer halben Minute ist die Tastuntersuchung erledigt. Konkret läuft sie so ab, dann man sich auf der Behandlungsliege bequem auf die Seite legt, am besten in einer leicht gekrümmten Stellung, und das so locker und entspannt wie möglich.

Was spürt der Arzt, was der Mann?

Der Arzt zieht Einmalhandschuhe an und gibt Gleitgel darauf. Man selbst spürt dadurch kaum etwas, wenn er im Anschluss einen Finger in den After einführt. Der Arzt tastet zunächst den Enddarm auf Veränderungen hin ab und dann die Prostata selbst. Hat sie noch eine normale Größe oder ist sie schon vergrößert? Ist das Gewebe weich oder knotig? All das erfühlt ein erfahrener Arzt in Sekundenschnelle. Insgesamt empfindet man nur ein kurzes Druckgefühl, und das ist im nächsten Moment auch schon wieder vorbei.

Denken Sie, dass die Tastuntersuchung den Männern zu peinlich ist und sie deshalb die Prostata-Vorsorge scheuen?

Das kann ich mir ziemlich gut vorstellen, weil viele Männer die Tastuntersuchung nur vom Hörensagen kennen. Dabei gibt es gar keinen Grund, sich unwohl zu fühlen. Diese Art der Prostata-Vorsorge ist überhaupt nicht schmerzhaft, aber sehr wichtig für Männer. Denn sie hilft, Risiken für Prostatakrebs und mögliche bösartige Tumoren frühzeitig zu erkennen – das muss für jeden Mann der Beweggrund sein, zum Arzt zu gehen. Man darf sich durch Scham oder Angst nicht davon abhalten lassen. Natürlich bin auch ich jedesmal froh, wenn ich die Untersuchung geschafft habe. Hinterher denke ich mir immer: ‚Du warst wieder einmal umsonst nervös, weil es nämlich keine große Sache ist.‘

Angst vor dem Arztbesuch?

Die Angst vor dem Besuch in der Arztpraxis kann sehr verschiedene Gründe haben - sie reicht von der Angst vor der Untersuchung selbst bis hin zur Furcht vor einer schwerwiegenden Diagnose, etwa Prostatakrebs. Lesen Sie wie Sie mit Ihrer Angst umgehen und Tipps zur Bekämpfung. 

Für Sie sind regelmäßige Termine beim Urologen schon Routine. Haben Sie eine Tipp für männliche Zauderer?

Der erste Tipp heißt jedenfalls: Es bringt nichts, wie das Karnickel vor der Schlange zu sitzen und zu hoffen, dass sie schon nicht beißen wird. Vielleicht hilft es manchen Männern ja auch, sich in der Praxis eine Art Mantra vorzusagen, zum Beispiel: ‚Da muss ich durch, es ist für etwas gut, ich tue es für mich!‘ Außerdem sollten sich Männer vielleicht einmal klar machen: Für sie selbst ist die Tastuntersuchung zwar keine Routine – genau das ist sie aber für den Arzt. Punkt.

Warum ist Ihnen selbst die Prostata-Vorsorge so wichtig?

Prostatakrebs ist ja bei Männern die häufigste Krebsart. Im Bekanntenkreis habe ich leider einige Fälle mit traurigen Diagnosen. Ein Krebsbefund bedeutet für die betroffenen Männer: ChemotherapieAngst und Verzweiflung. Und das soll ich riskieren, weil ich mich ‚peinlich berührt‘ fühle? Das kommt für mich nicht in Frage.

Wann sind Sie denn selbst zum Thema Prostatakrebsvorsorge gekommen?

Als ich 45 Jahre alt war, meinte mein Hausarzt damals beim jährlichen Checkup, dass ab diesem Alter die Prostata-Vorsorge schon angebracht sei – seitdem ist sie für mich Standard. Das gilt übrigens ebenso für den regelmäßigen Besuch beim Zahnarzt. Im Zweifel kann der ja deutlich unangenehmer sein. Ich sage mir immer: Wenn ich die Vorsorge nicht schleifen lasse, habe ich anschließend auch deutlich weniger Stress. Es beruhigt mich einfach zu wissen, dass derzeit alles in Ordnung ist. Ich lebe also nach dem Prinzip: Vorsorge gibt Sicherheit – und rettet Leben. Vielleicht auch meines.

Sie lassen im Rahmen der Prostata-Vorsorge immer auch Ihren PSA-Wert messen. Warum?

Stimmt. Zusätzlich zur Tastuntersuchung lasse ich bei jedem Check meinen PSA-Wert im Blut bestimmen. Je nachdem, wie hoch die gemessenen PSA-Werte sind, kann eine Ultraschallkontrolle sinnvoll sein, die dann beim Urologen gemacht wird. Der PSA-Test ist eine Selbstzahler-Leistung und kostet etwa 20 Euro – das ist mir meine Gesundheit aber allemal wert.

 

Das Interview führte Sabine Knapp.