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Möglichkeiten der Betrahlung von Prostatakrebs
10. Oktober 2025Was kann eine Strahlentherapie bei einem Prostatakarzinom bewirken? Wie wirksam ist eine Strahlentherapie überhaupt? Und hat die Strahlentherapie die Operation hinsichtlich der Verträglichkeit? Diese Fragen beantwortet Strahlentherapeut Prof. Dr. Jürgen Dunst.
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Prof. Dr. Jürgen Dunst: Ich werde es nicht schaffen, alles über Strahlentherapie im Detail zu erklären. Da hat sich im Laufe der letzten Jahre so viel entwickelt. Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen einen kurzen Überblick gebe, wie faszinierend die Entwicklung in den letzten Jahren war. 1994 war für mich ein ganz besonderes Jahr. Da bin ich an der Universitätsklinik in Halle an der Saale Direktor geworden. und ich habe mein erstes Handy gekauft. Meine Frau war schwanger, ich wollte immer erreichbar sein Dieses Ding da, was ich damals hatte, Nokia-Handy, war ein toller Apparat, man konnte überall erreicht werden. Dass diese kleine Entwicklung 30 Jahre später unser Leben so verändern würde, hätte keiner von uns gedacht. Heute laufen wir alle mit dem Smartphone herum, da laufen Apps darauf, wir schauen damit Fernsehen oder Filme, wir kommunizieren per WhatsApp oder per E-Mail. Telefonieren tun wir auch. Es gibt KI-assistierte Sprachassistenten, also eine tolle Entwicklung.
In der Strahlentherapie war es mindestens genauso gut. 1994 kam ein Gerät auf den Markt, dieser Siemens-DNA-Beschleuniger. Er konnte zum ersten Mal mit diesem Flat-Panel-Detektor während der Bestrahlung oder vor der Bestrahlung ein Bild machen und die Lage des Patienten überprüfen. Allerdings nur mit dem Therapiestrahl. Damit hat man keine Diagnostikqualität. Das war toll für damalige Zeiten, aber von heute aus betrachtet ist es Steinzeit. Die modernen Geräte, die wir hier haben, die können viel schneller und sicherer bestrahlen. IMRT, das gab es damals noch gar nicht. Sie können die Bestrahlung nur freigeben, wenn die Lagerung des Patienten vorher mit einem CT überprüft wurde. Dieses Gerät macht vor der Bestrahlung immer ein CT und der Arzt muss bestätigen, dass der Patient ganz korrekt liegt. Sonst wird die Bestrahlung nicht freigegeben.
Dieses erste Gerät hat auch Künstliche Intelligenz, mit der man die Bestrahlung an die tägliche Anatomie anpassen kann. Die Prostata ändert sich nicht, aber die Füllung von Blase und Darm können sich ändern und das kann kleine Auswirkungen auf die Verteilung der Strahlung haben. Wenn Sie heute also in eine Klinik gehen und bestrahlt werden, werden sie im Regelfall mit einem solchen Linearbeschleuniger bestrahlt.
Da werden Elektronen auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und hier oben kommt der Therapiestrahl raus, 6 Mega-Volt. Hier an der Seite ist eine Diagnostikröhre, die kann vor der Bestrahlung ausgeklappt werden. Das Gerät dreht sich einmal um den Patienten herum, macht ein CT und kontrolliert dann, ob der Patient, der auf diesem Tisch liegt, richtig liegt. Dann wird der Arzt gefragt: Liegt der Patient richtig? Das Gerät macht einen Vorschlag: Diesen Tisch kann man in allen Raumebenen sowohl linear bewegen, also rechts, links, oben, unten, aber auch in allen Raumebenen drehen, drehen, kippen, neigen, sodass man jede Ungenauigkeit der Patientenpositionierung ausgleichen kann. Damit erreichen sie Positionierungsgenauigkeiten von Plusminus einem Millimeter. An diesem Gerät ist so eine Ausstattung. Da sind Röntgenröhren im Boden und LED-Detektoren an der Decke, mit denen man mögliche Bewegungen des Patienten während der Bestrahlung kontrollieren kann. Wenn Sie wegen Prostatakarzinomen als Mann an diesem Gerät bestrahlt werden, bekommen Sie im Regelfall 20 bis 40 Bestrahlungen, meistens 20, bei manchen Erkrankungen auch 40. Die Bestrahlung erfolgt werktags, montags bis freitags jeden Tag einmal. Die ganze Prozedur dauert pro Tag etwa 20, maximal 30 Minuten, vom Betreten des Bestrahlungsraums bis zum Verlassen. Die Bestrahlungszeit, in der das Gerät bestrahlt, beträgt etwa drei Minuten. Man spürt nichts. Danach geht man nach Hause, so als wäre nichts gewesen.
Ein anderes Gerät, das wir verwenden, ist der Bestrahlungsroboter Cyberknife. Das ist ein Roboter. Dieser Roboter entspricht dem Stamm der Firma KUKA, das ist das Modell, das auch in den Schweißstraßen der Automobilindustrie als Schweißroboter benutzt wird. Oben hängt so ein Linearbeschleuniger. Dieses Gerät kann, weil der Roboter den Beschleuniger sehr schnell bewegen kann, feine Bewegungen des Therapiestrahls sehr schnell und präzise ausführen. Das Beste an diesem Gerät ist die Software aus Lübeck. Sie kommt aus dem Institut für Robotik der Uni Lübeck. Diese Software kann Bewegungen des Patienten vorausberechnen. Sie erkennt Atembewegungen oder andere Bewegungen, berechnet voraus, was in den nächsten 200 Millisekunden passieren wird und richtet danach den Strahl aus. Dadurch kann man bei bestimmten bewegten Organen, zum Beispiel der Lunge, extrem präzise bestrahlen, auch mit der Ungenauigkeit, selbst bei bewegten Organen von etwa 1,5 Millimetern.
Wie wirkt Strahlung? Viele verstehen das nicht, selbst wenn man mit Kollegen spricht, sagen diese manchmal: „Mensch, brutzelt das doch mal weg." Das klingt so, als würde irgendetwas verbrannt. Das stimmt nicht. Wenn man eine Zelle betrachtet, dann hat die Zelle außen einen Zellkern, darin verschiedene Bestandteile. In der Mitte ist der Zellkern und im Zellkern ist die DNA. Die DNA ist das Wichtigste für die Funktion der Zelle. An der DNA entstehen in jeder Sekunde DNA-Schäden. Diese werden permanent repariert. Unsere Zellen sind darauf spezialisiert, vor allem die Zellen, die ein Leben lang arbeiten müssen und nicht ersetzt werden, Herz und Gehirn. Wenn ein paar Herzzellen totgehen bei einem Herzinfarkt gibt es keinen Ersatz. Beim Schlaganfall auch nicht. Diese Zellen, die ein Leben lang arbeiten müssen, können DNA-Schäden wahnsinnig gut reparieren. Kranke Zellen können das nicht so gut. Tumorzellen haben eine kranke DNA, sonst wären sie keine Tumorzellen. Krebs ist eine DNA-Erkrankung, die Reparaturmechanismen funktionieren nicht so gut. Das bedeutet: Man kann Bestrahlung auf Zellen geben und die gesunden Zellen können sich erholen und die kranken Zellen sterben. Nehmen Sie ein Organ, zum Beispiel die Prostata, und stellen Sie sich vor, dass die gesunden Zellen grün sind und innen im Organ ein paar böse Zellen rot sind. Wenn Sie nichts tun und der Tumor wächst, werden die roten Zellen mehr. Sie verdrängen die gesunden Zellen und zerstören das Organ.
Wenn Sie eine Bestrahlung machen und es richtig gut funktioniert, passiert folgendes: Nach einer gewissen Zeit sind die roten Zellen weg. Das kann bei Prostatakrebs ein Jahr oder länger dauern, bis alle roten Zellen verschwunden sind. Die grünen Zellen bleiben. Manchmal bilden sich sogar da, wo die grünen Zellen waren und die roten Zellen sie verdrängt hatten, wieder neue Zellen. Voraussetzung dafür, dass das zum Schluss wieder so gut aussieht, ist, dass man die Toleranzdosen der einzelnen Organe kenn. Das heißt, dass man weiß, wieviel Strahlendosis ein Organ verträgt. Diese Toleranzdosen hat man im Laufe der letzten 20 bis 30 Jahre sehr gut kennengelernt. Wir können sie bei jeder Bestrahlungsplanung berücksichtigen, sodass wir heutzutage in der Lage sind, mit sehr, sehr geringem Risiko zu bestrahlen. Wenn Sie als Mann eine Behandlung wegen eines Prostatakarzinoms hinter sich hatten, in eine Röntgenpraxis gehen und dort ein MRT machen lassen und sie sagen dem Arzt, der das MRT macht, nicht, dass sie behandelt worden sind, sieht er sofort, dass sie prostatektomiert sind, denn die Prostata fehlt. Aber er sieht nicht, dass sie bestrahlt worden sind. Sie sehen noch aus wie vorher. Das hat dazu geführt, dass die Bestrahlung im Laufe der letzten Jahre einen enormen Fortschritt gemacht hat.
Ich bin selbst wahnsinnig überrascht, ich hätte das vor 20 oder 30 Jahren nicht gedacht. So etwa 1990 bis 2000, da war die Operation ganz sicher das beste Verfahren. Die Bestrahlung war gefährlich und nicht so effektiv. So etwa um 2010 war die Bestrahlung so gut, dass sie an die Ergebnisse der Operation herangekommen ist, aber die Nebenwirkungen waren immer noch so wie bei einer Operation, vielleicht sogar ein bisschen schlechter. Aber in den letzten Jahren – ich werde Ihnen gleich ein paar Beispiele aus klinischen Studien zeigen – hat die Bestrahlung, was die Verträglichkeit angeht, die Operation überholt. Das Beste an der ganzen Sache ist, das ist nicht das Ende der Fahnenstange. In den nächsten Jahren werden wir viele Entwicklungen haben, die die Bestrahlung verbessern werden, zum Beispiel die adaptive Bestrahlung mit dieser Künstlichen Intelligenz oder biologische Bestrahlungsplanung. Professor Lützen, mein Kollege aus der Nuklearmedizin wird Ihnen nachher ein Verfahren vorstellen: PSMA PET-CT. Wir sind die Disziplin, die davon am meisten profitiert. Das bedeutet, bei den einfachen Fällen ist die Heilungsrate heutzutage fast 100 Prozent. Da geht es eigentlich nur noch darum, den Patientenkomfort zu verbessern.
Wir werden eine Studie starten, wo wir in Zukunft – das wird in diesem Jahr noch der Fall sein – Patienten mit Prostatakrebs, wenn es ein Frühfall ist, nur noch dreimal behandeln. Drei ambulante Behandlungen an einem Nachmittag. Sie können um 12 Uhr kommen, um 13 Uhr gehen sie nach Hause, um 15 Uhr zum Skat-Abend und ihre Skat-Kumpel werden nicht merken, dass sie bei der Bestrahlung waren. Bei den fortgeschrittenen Fällen besteht noch erheblicher Verbesserungsbedarf. Ich glaube, dass wir gute Chancen haben, die Ergebnisse der Bestrahlung zu verbessern. Ich zeige ihnen drei Studien. Wir leben in der Zeit, wo irgendwas behauptet wird. Gestern Abend im Fernsehen, Donald Trump. Es wird irgendwas behauptet. Jetzt machen wir mal einen Faktencheck, dass das, was ich gesagt habe, wirklich stimmt. Ich stelle Ihnen als erstes eine wichtige Studie vor, die Protect Studie. Sie kommt aus Großbritannien. Diese Studie ist vor kurzem publiziert worden und das Wichtigste an der Studie ist, dass die Patienten, die dort behandelt worden sind, bis zu 17 Jahre nachbeobachtet worden sind. Man kann als Arzt oder als Patient über das britische Gesundheitswesen schimpfen bis zum geht nicht mehr. Da will keiner von uns arbeiten. Aber die Forschung in Großbritannien ist exzellent. In dieser Studie wurden 80.000 Patienten gescreent, zweieinhalbtausend, die Prostatakrebs hatten, wurden für die Studie sozusagen vorbereitet. 1600 Patienten sind in dieser Studie behandelt worden, also ein relativ großer Anteil.
Jeweils ein Drittel hatte aktive Überwachung, ein Drittel Operation, ein Drittel Bestrahlung. Sie sehen hier die Überlebensrate, also Todesrate an Prostatakrebs im Laufe der Jahre. Diese Grafik zeigt: Nach 15 Jahren sind in jeder Gruppe nur zwei Prozent der Patienten an Prostatakrebs verstorben, also keine gefährliche Krankheit. Die Todesrate ist in allen drei Armen gleich. Das ist ein Argument dafür, dass wir bei bestimmten Patienten eine aktive Überwachung gut empfehlen können. Allerdings musste bei den Patienten, die eine aktive Überwachung hatten, ein Teil behandelt werden. Die Hälfte der Patienten, sogar ein bisschen mehr, ist behandelt worden und es gab einen kleinen Nachteil im Auftreten von Metastasen. Eine sehr gute Studie. Das Problem ist, dass diese Studie ab 2000 durchgeführt wurde und die Therapieverfahren vor allem, was Strahlentherapie angeht, aus heutiger Sicht noch nicht das Modernste waren. In dieser Studie gibt es auch Untersuchungen darüber, wie es dem Patienten nach der Therapie geht. Zwei wichtige Aspekte sind herausgekommen:
Das eine ist Harninkontinenz, also unkontrollierter Hahnabgang. Da hat man sich angesehen, wie viele Männer eine Vorlage brauchen, also Tena für Men. Kennen Sie aus der Fernsehwerbung? Hier sieht man, dass die Patienten, die bestrahlt worden sind, die gelb markierten, und die Patienten, die zunächst keine Therapie hatten, die blau markierten, ziemlich gleich sind.Die gelben, alsoe bestrahlten Patienten schneiden sogar ein bisschen besser ab, während bei den operierten Patienten der Anteil, die Vorlagen tragen, ein bisschen größer ist. Das gilt über den ganzen Zeitraum.
Der zweite Aspekt ist die Sexualfunktion. Da sieht man, dass die natürlich bei Beginn der Studie nicht 100 Prozent ist – sind ja keine jungen Männer mehr – aber man sieht, dass sie nach der Operation fällt und auf einem guten Niveau bleibt. Aber die Bestrahlung – gelb – ist besser und entspricht den Patienten, die nicht behandelt worden sind. Hier gibt es bei der Bestrahlung im ersten Jahr einen Knick und Abfall. Das hängt nicht mit der Bestrahlung zusammen, sondern damit, dass in dieser Studie alle Männer zur Unterstützung der Bestrahlung sechs Monate Antihormon-Therapie hielten, also eine chemische Kastration. Man sieht, der Kastrationseffekt, der dauert etwa ein Jahr, danach hat er sich ausgeglichen. Aber es ist eine Studie, die zeigt, welchen Vorteil die Bestrahlung in diesen Punkten haben kann. Die zweite Studie überspringe ich aus Zeitgründen, da kommt genau das Gleiche heraus.
Die dritte Studie will ich Ihnen nicht vorenthalten. Diese Studie ist gerade vor kurzem publiziert worden. Die Studie heißt Pace-A-Studie, kommt auch aus Großbritannien und ist deswegen interessant, weil sie die modernsten Therapieverfahren miteinander vergleicht, ob Operation mit dem Operationsroboter Da Vinci oder Bestrahlung mit dem Bestrahlungsroboter Cyberknife. Die Studie ist von meinem Kollegen Nicholas Van As aus dem Royal Marsden Hospital in London geleitet worden. Das Royal Marsden Hospital ist das relevanteste Krebskrankenhaus in Großbritannien. Prinzessin Kate ist vor kurzem dort behandelt worden.
Nicholas Van As, wenn er auf Vorträgen in Europa unterwegs ist und diese Studie vorstellt, zeigt oft dieses Bild und nennt das „The Battle of the Robots. Welcher Roboter ist der Bessere? Wenn man eine solche Studie macht, muss man eine Hypothese formulieren: Was will man zeigen? Die Hypothese war: Wenn Patienten bestrahlt werden, dann haben sie etwas geringere Inkontinenz-Raten, als wenn sie operiert werden. Erwartet war, dass Patienten, die bestrahlt werden, eine Inkontinenz-Rate haben von etwa vier Prozent. Also vier Prozent der Männer brauchen Tena Men. Das ist der Normalwert dieser Altersgruppe. Besser wird es nicht. Und erwartet wurde, dass es bei den operierten Patienten 15 Prozent sind. Herausgekommen ist, bei der Bestrahlung trifft man diesen Wert ziemlich genau, bei der Operation ist der Wert dagegen sogar noch höher als erwartet. Das ist ein starkes Indiz dafür, dass man zumindest unter diesem Aspekt die Bestrahlung als ein sehr schonendes Verfahren ansehen kann.
Man muss etwas Wasser in den Wein gießen, denn wir haben bisher nur Daten, was die Verträglichkeit angeht. Die Daten hinsichtlich der Heilungsraten, werden wir aus dieser Studie erst in drei, vier, fünf Jahren haben. Aber dass die Operation, was die Heilungsraten angeht, besser sein sollte als die Bestrahlung, ist unter Experten praktisch ausgeschlossen.
Ein letzter Punkt, den ich Ihnen noch darstellen will, ist die Hochpräzisionsbestrahlung von Metastasen. Manchmal treten nach einer Behandlung irgendwo im Körper kleine Metastasen auf, die heutzutage mit PSMA-PET gut erkannt werden können. Es besteht die Möglichkeit, diese Metastasen mit wenigen hochpräzisen Bestrahlungen zu behandeln, hier mit dem Cyberknife. Das ist noch nicht so weitverbreitet gemacht worden, aber es geht auch mit anderen Geräten. Das sind fünf ambulante Bestrahlungen. Wenn man so ein kleines Gebiet bestrahlt, merkt man das gar nicht. Die Erfolgsquote dort, wo man bestrahlt, ist ziemlich hoch, über 90 Prozent. Das ist ein Verfahren, das möglicherweise in Zukunft für Patienten, die wenige Metastasen haben, eine wichtige Verbesserung sein wird. Es gibt einzelne Studien, die zeigen, dass wenn man bei Patienten alle sichtbaren Herde behandelt, das den Langzeitverlauf der Erkrankung wesentlich verbessert und das Auftreten von weiteren Metastasen zurückdrängt.
Damit bin ich schon am Ende. Es gibt einige Dinge, die ich Ihnen gern erläutert hätte, das aber aus Zeitgründen nicht konnte. Zum Beispiel habe ich die vielfältigen Möglichkeiten der Strahlentherapie, der Brachytherapie, nicht erläutert. Die Kombination von Bestrahlung und Antihormon-Therapie, Strahlentherapie nach Operation oder wenn der PSA-Wert nach der Operation steigt, die Strahlentherapie im fortgeschrittenen Tumor mit Lymphknotenfall. Da gibt es sehr gute Hinweise darauf, dass die Bestrahlung dort ein wirklich gutes Verfahren ist. Die Strahlentherapie bei metastasierten Patienten. Wahrscheinlich profitieren praktisch alle Patienten, die Metastasen haben, auch von einer Strahlentherapie der Prostata. Und last not least auch die Möglichkeit palliativer Bestrahlung bei Knochenschmerzen und so weiter. Ein letztes Bild will ich zeigen. Das zeige ich im Studentenunterricht und es soll darstellen, in welchen Gebieten, bei welchen Krankheitsbildern man Bestrahlung einsetzen kann. Die Krankheitsbilder sind ein kontinuierliches Spektrum von harmlos grün bis gefährlich rot. Harmlos sind lokal begrenzte Tumoren, nur in der Prostata, ohne Risikofaktoren. Dann mit Risikofaktoren, lokal fortgeschritten, zum Beispiel Lymphbefall oder über die Prostata hinausgewachsen, aber noch keine Metastasen und dann Metastasen-Straßen. Hier sehen Sie, bei welchen Krankheitssituationen welches Therapieverfahren infrage kommt. Rot heißt, das Verfahren kommt nicht infrage und grau heißt, das ist der Bereich, wo dieses Verfahren eingesetzt werden kann.
Sie sehen, aktive Überwachung kann man nur bei Patienten machen, die keine Risikofaktoren haben. Radikale Prostatektomie hat ein sehr breites Spektrum, das kann man für fast alle Patienten einsetzen. Aber es gibt sehr interessante Bestrahlungsverfahren, die ich hier nicht alle erläutert habe. Wir können, wenn Sie zu uns kommen, zur Beratung über Strahlentherapie über mehrere Verfahren sprechen und das für Sie beste Verfahren aussuchen. Zum Beispiel die Brachytherapie mit Zeit für Patienten, die eine harmlose Erkrankung haben. Die Bestrahlung mit Cyberknife oder anderen hochpräzisen Bestrahlungsgeräten für Patienten, die lokalisierte Erkrankungen ohne große Risikofaktoren haben. Und für alle anderen Fälle die externe Bestrahlung, vielleicht in Kombination mit Brachytherapie und antihormoneller Therapie. Sie sehen, dass das ein sehr breites Spektrum ist. Deswegen würde ich mich freuen, und das ist auch meine Empfehlung: Wenn Sie als Mann an einem Prostatakarzinom erkrankt sind, egal in welchem Krankheitsstadium, suchen Sie den nächsten Facharzt für Strahlentherapie auf und lassen sich darüber beraten, ob für Sie Strahlentherapie eine Option sein könnte. Damit bin ich beim Ende. Ich sage herzlichen Dank. Sie können uns, also meine Mitarbeiter und mich, unter dieser Telefonnummer und dieser E-Mail erreichen, mich noch einen Monat lang, danach meine Mitarbeiter. Dann muss ich natürlich noch sagen, dass ich mich freue, dass ich meine letzten Dienstjahre hier in Kiel hatte. Ich habe vor 95 Semestern in diesem Hörsaal gesessen und mein Studium angefangen. Dann war ich lange Zeit woanders, aber ich freue mich, dass ich nach Kiel zurückgekommen bin, denn Kiel hat ein Privileg: Die einzige Uni-Klinik direkt am Meer. Herzlichen Dank. Bleiben Sie gesund.
Moderator: Herr Professor Dunst, wir haben im Vorfeld ein paar Patientenfragen bekommen, die online eingereicht worden sind. Eins, zwei davon würde ich auch gerne vorlesen. Eine Frage, die wir vorhin schon ähnlich hatten, als es um KI ging. KI und Bestrahlung, so heißt es hier wieder. Wie viel besser ist die KI-gestützte Bestrahlungstherapie des Prostatakarzinoms? Wie gehen Sie mit KI und der Bestrahlung um? Wie weit ist man aus Ihrer Sicht da tatsächlich?
Prof. Dr. Jürgen Dunst: Diese KI-basierte Bestrahlung gibt es seit drei Jahren. Wir gehören zu den ersten Krankenhäusern hier im Norden, die ein solches Gerät haben. Das wird im Laufe der nächsten Jahre mehr werden. Wir haben im Moment noch nicht ausreichend Erfahrung damit. Wir wissen, dass das ungewöhnlich gut funktioniert. Jeder, der mit einem solchen Gerät arbeitet, ist fasziniert. Aber um die Frage zu beantworten: Was bringt das so richtig? Dafür müssten wir mit dieser Methode fünf, sechs, sieben Jahre Erfahrung haben. Wenn Sie mir die Frage in fünf Jahren stellen, kann ich sie beantworten.
Moderator: Da sind Sie im wohlverdienten Ruhestand.
Prof. Dr. Jürgen Dunst: Ja, könnte sein.
Moderator: Aber okay, man muss sagen, für den Bereich KI muss man noch Geduld haben.
Prof. Dr. Jürgen Dunst: Da muss man Geduld haben. Wir wissen es auch nicht, alle Verfahren entwickeln sich schnell weiter. Es gibt so viele Anwendungen, KI ist bei uns bei der Gerätesteuerung wichtig. Ein wichtiger Punkt wird aber auch sein, viele Therapievorschläge zu bekommen, und dass alle Informationen eines Patienten zusammengeführt werden. Das gibt es in anderen Bereichen schon, dass man einen Vorschlag bekommt- Man sagt: Dieser Experte in New York, wie würde er diese Erkrankung behandeln? Dann macht das Gerät einen Vorschlag und sagt: Eer würde es so machen. Das sind tolle Entwicklungen, mit denen wir im Laufe der nächsten Jahre die Qualität der Behandlung flächendeckend verbessern können.
Moderator: Eine weitere Frage, verbunden, glaube ich, auch mit viel Hoffnung. Da heißt es: Besteht nach der Bestrahlung noch die Gefahr, dass sich andere Krebsarten quasi als Nachfolger, Darmkrebs, Knochenkrebs und so weiter entwickeln können?
Prof. Dr. Jürgen Dunst: Theoretisch ja. Krebsstrahlentherapie ist so wie Chemotherapie eine Methode, die an der DNA etwas verändert und deswegen auch Krebs entstehen lassen kann. Wir wissen, dass Patienten, die in den 70er und 80er Jahren behandelt worden sind, in den nächsten Jahren ein leicht erhöhtes Krebsrisiko hatten. Das ist für Patienten, die nach 1995 behandelt worden sind, nicht mehr so eindeutig nachgewiesen. Man muss lange Nachbeobachtungszeiten haben, weil es oft erst nach 10 oder 15 Jahren auftritt. Die beste Studie bei Prostatakrebs ist die Protect-Studie, die ich erwähnt habe. Wir wissen aus dieser Protect-Studie nicht, wie viele Männer einen anderen Krebs als Prostatakrebs bekommen haben, aber wir wissen, wie viele Männer an einem anderen Krebs gestorben sind. Die Zahl bei den bestrahlten Patienten und bei den bei operierten Patienten ist exakt gleich, bei den bestrahlten sogar einen Tick niedriger. Das heißt, wir gehen im Moment davon aus, dass dieses Risiko für dieses Patientenkollektiv – sind ja keine jungen Männer mehr, das dauert ja 20, 30 Jahre –, dass dieses Risiko der Krebsentstehung durch Bestrahlung für die tägliche Entscheidungsfindung vernachlässigbar ist.
Moderator: Herr Professor Dunst, ich bedanke mich recht herzlich und ich glaube, wir wünschen Ihnen allen einen schönen Monat.
Prof. Dr. Jürgen Dunst: Herzlichen Dank.