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Zweitmeinung bei Prostatakrebs – Tipps und Hilfe

14. Juni 2022 | von Ingrid Müller
Aktualisiert und medizinisch geprüft am 14.6.2022
von Ingrid Müller, Chefredakteurin und Medizinjournalistin

Eine Zweitmeinung ist bei Prostatakrebs oft sinnvoll, weil tiefgreifende Entscheidungen über die Behandlungen anstehen. Männer bekommen mehr Sicherheit -  und können sich auch umentscheiden.

Kurzübersicht

  • Was ist eine Zweitmeinung? Bei Unsicherheiten oder Erklärungsbedarf zu einem Therapievorschlag kann man sich die Meinung eines zweiten Experten oder einer Expertin einholen - dieses Recht ist im Gesetz verankert
  • Wer hilft? Ihr Arzt oder Ihre Ärztin leitet wichtige Unterlagen wie Befunde, Laborwerte, Bilder etc. an jene weiter, die die Zweitmeinung abgeben sollen; das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) hilft bei der Suche nach medizinischen Fachleuten oder zertifizierten Krebszentren
  • Wie funktioniert es? Überweisung, alle Unterlagen, meist Besuchstermin vor Ort, Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten vollständig oder teilweise
  • Warum ist die Zweitmeinung wichtig? Laut Umfrage ändern zwei Drittel ihre ursprüngliche Behandlungsentscheidung

Was ist eine Zweitmeinung?

Eine ärztliche Zweitmeinung bedeutet, dass Sie sich zusätzlichen ärztlichen Rat zu einer schon gestellten Diagnose oder zu empfohlenen Behandlungen einholen. Eine zweite Meinung kann Menschen mit Krebs (und anderen Krankheiten) dabei helfen, mehr Licht in die Therapievorschläge zu bringen. Denn nach der Diagnose Prostatakrebs türmen sich wohl für viele Männer einige Fragen auf, am häufigsten zu den vorgeschlagenen Behandlungen:

 

Wenn Sie sich unsicher fühlen, ob Sie die Krebsbehandlungen wie von Ihrem Arzt oder der Ärztin vorgeschlagen machen sollten oder noch besser über Alternativen Bescheid wissen möchten, kann eine Zweitmeinung helfen. Bei Prostatakrebs sind Urologen, Urologinnen, Onkologen und Onkologinnen die richtigen Ansprechpartner.  

Dass Patienten und Patientinnen sogar ein Recht auf eine unabhängige Zweitmeinung haben, wissen viele noch gar nicht. Dabei ist dieses Recht seit dem Jahr 2016 im Sozialgesetz festgeschrieben (§27b SGB V). Wer eine schwerwiegende Diagnose wie Prostatakrebs erhalten hat und verschiedene Krebsbehandlungen durchlaufen soll, darf einen zweiten Arzt oder eine Ärztin zu den Therapievorschlägen des behandelnden Arztes oder der Ärztin befragen.

Krebsbehandlungen

Alle Therapien bei Prostatakrebs im Überblick - von aktiver Überwachung und Operation bis hin zu Hormon- und Chemotherapie.

Wer hilft beim Einholen der Zweitmeinung?

Eines vorab: Wenn Sie sich eine Zweitmeinung einholten, ist dies kein Misstrauen gegenüber dem ersten Arzt oder der Ärztin, sondern hilft Ihnen bei der Entscheidungsfindung. Sie gewinnen Sicherheit darüber, ob vorgeschlagene Behandlungen wie OperationChemotherapie oder Bestrahlung die richtige Wahl für Sie sind und welche anderen Therapiemöglichkeiten womöglich noch in Frage kommen. Die Initiative zum Einholen eines zweiten ärztlichen Ratschlags kann von Ihrem Arzt oder der Ärztin, aber auch von Ihnen selbst ausgehen.

Ihr behandelnder Arzt oder die Ärztin muss Sie über dieses Recht aufklären und Sie dabei unterstützen, diese Zweitmeinung auch zu bekommen. Die meisten Ärzte und Ärztinnen haben viel Verständnis für das Einholen einer zweiten Meinung. Sie unterstützen Sie dabei, indem sie sämtliche Unterlagen wie Befunde, Laborwerte und Bilder digital an jene Fachkollegen und -kolleginnen weiterleiten, welche die Zweitmeinung abgeben sollen. Außerdem können behandelnde Ärztinnen oft die Adressen von kompetenten Ansprechpartnern vermitteln. Auch Ihre Krankenkasse bietet oft entsprechende Kontaktadressen. 

Der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) unterstützt Sie ebenfalls bei der Suche nach geeigneten Anlaufstellen für die Zweitmeinung. Dies können zum Beispiel spezialisierte Ärzte und Ärztinnen oder zertifizierte Krebszentren sein. Das DKFZ erstellt jedoch selbst keine Zweitmeinung. Hilfe erhalten Sie unter der Telefonnummer 0800-420 30 40 (Anruf ist innerhalb Deutschlands kostenlos) oder per Mail unter krebsinformationsdienst@dkfz.de.

Zertifizierte Krebszentren unterziehen sich freiwillig einer strengen Qualitätskontrolle. Die meisten Anforderungen für die Zertifizierung leiten sich aus den Empfehlungen der aktuell geltenden onkologischen Leitlinien ab. So ist sichergestellt, dass das aktuell verfügbare medizinische Wissen in die Therapieentscheidung einfließt. In Deutschland gibt es bereits viele Krebszentren mit einem DGK-Zertifikat. Eine Liste bietet die Webseite OncoMap. Dor können Sie nach Ihrer Krebsart und Ihrem Wohnort suchen. 

Wie kann ich eine Zweitmeinung bei Prostatakrebs einholen?

Zweitmeinung einholen – Schritt für Schritt

Für das Einholen einer Zweitmeinung müssen Sie bestimmte Dinge beachten:

  • Sie benötigen eine Überweisung des Arztes oder der Ärztin.
  • Sie müssen Ihre vollständigen Krankenunterlagen vorab zur Verfügung stellen. Dazu gehören alle Befunde, etwa Entlassungsbriefe, Arztbriefe, der pathologische Befund, Laborbefunde, Aufnahmen von bildgebenden Untersuchungen (z.B. Ultraschall, CT, MRT, PET-CT oder Röntgen. Diese Unterlagen erhalten Sie auf Anfrage von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.
  • Meist müssen Sie zusätzlich einen Besuchstermin vor Ort vereinbaren - viele Menschen mit Krebs wünschen sich ohnehin ein persönliches Gespräch.
  • Die Zweitmeinung erstellt entweder der zweite Arzt oder die Ärztin, manchmal auch ein sogenanntes Tumorboard. Dort arbeiten medizinische Fachleute verschiedenster Fachrichtung eng Hand in Hand. Sie sichten Ihre Unterlagen und kommen meist nach wenigen Tagen zu einem Ergebnis. Entweder bestätigen Sie die empfohlenen Therapien oder schlagen Alternativen dazu vor.
  • In vielen Fällen erstatten die Krankenkassen die Kosten für die Zweitmeinung ganz oder teilweise – fragen Sie sicherheitshalber vorher bei Ihrer Krankenkassse nach. Denn einen generellen Anspruch darauf haben Sie nicht. Jede Krankenkasse kann selbst entscheiden, welche Leistungen sie im Rahmen Zweitmeinung übernimmt. 
  • Einige gesetzliche und private Kassen bieten spezielle Services für das Einholen einer Zweitmeinung – fragen Sie auch hier nach.

Wie wichtig ist Bundesbürgern die Zweitmeinung?

Dass die Zweitmeinung für Patienten eine gute Sache ist, zeigte eine repräsentative Umfrage der Barmer GEK und der Bertelsmann Stiftung unter knapp 1.600 Personen aus dem Jahr 2016.

Das sagen die Bundesbürger zur Zweitmeinung

  • Etwa 25 Prozent der Bundesbürger haben schon konkrete Erfahrungen mit einer ärztlichen Zweitmeinung gemacht.
  • 72 Prozent der Menschen, die sich eine Zweitmeinung eingeholt haben, änderten danach ihre ursprüngliche Behandlungsentscheidung ganz oder teilweise.
  • 89 Prozent der Befragten hielten es grundsätzlich für sinnvoll, vor wichtigen Untersuchungen und Behandlungen eine Zweitmeinung einzuholen.
  • Als besonders wichtig stuften die Bundesbürger die Zweitmeinung bei Krebserkrankungen, aber auch bei Operationen (Knochen, Gelenke, innere Organe) oder Untersuchungen wie einem Herzkatheter ein.

Quellen: