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Die neuen Leitlinien zur Früherkennung von Prostatakrebs: Was sagen sie aus?

03. Dezember 2025

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Was sagen die neuen Leitlinien zur Früherkennung von Prostatakrebs eigentlich aus? Auf welcher Grundlage wurden diese entschieden und wie läuft die Früherkennung nun zukünftig ab? Diese Fragen beantwortet der Urologe Dr. Frank Schiefelbein.

Dr. Frank Schiefelbein: Was ändert sich in den Empfehlungen bei der Früherkennung der aktuell 2025 verfassten Leitlinien? Das alleinige Abtasten der Prostata über den Enddarm zur Früherkennung sollte nicht mehr erfolgen. Stattdessen sollte nach eingehender Aufklärung über die Chancen und Risiken bei der Früherkennung eine PSA-Wert basierte Früherkennung angeboten werden, die bei Bedarf auch eine Kernspintomographie, ein MRT der Prostata, zu Rate ziehen kann. Seit 1971 ist die Tastuntersuchung der Prostata über den Enddarm ab dem 45. Lebensjahr die Untersuchung, die von den gesetzlichen Krankenkassen getragen wird. Der PSA-Wert ist derzeit keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. Wissenschaftlich zeigt sich in vielen Studien, dass die alleinige Tastuntersuchung der Prostata der PSA-basierten Früherkennung deutlich unterlegen ist. In der PROBASE-Studie wurden nur 14 Prozent der durch den PSA-Wert entdeckten Prostatakarzinome auch ertastet. Dennoch ist das PSA-Screening nicht unumstritten. Der Zahl der Patienten, die vor dem Tod durch ein Prostatakarzinom gerettet wurden, steht immer auch die Zahl an Patienten gegenüber, die an möglichen Folgen einer Therapie wie Harninkontinenz, oder Nebenwirkungen einer medikamentösen Therapie leiden. Deshalb ist es dringlich, dass eine Übertherapie vermieden werden muss.

In der ESPCE Studie konnte bei einer Nachbeobachtungszeit von etwa 20 Jahren eine Reduktion von 27 Prozent der Prostatakrebs-spezifischen Todesursache erzielt werden. Das Auftreten von Metastasen konnte etwa um ein Drittel gesenkt werden. In der skandinavischen Göteborg Screening-Studie zeigt sich ein Absinken der Todesursache Prostatakarzinom um 35 bis 50 Prozent. Aber nicht alle Studien konnten so gute Ergebnisse darstellen. Überdiagnosen von weniger aggressiven Tumoren, die gegebenenfalls nicht lebensbedrohlich für den Patienten sind, sollten unter allen Umständen vermieden werden. Deswegen prüft das IGWIG-Institut diese Studien und wird entscheiden, ob in Deutschland der PSA-Wert zu einer Krankenkassenleistung werden wird.

Was ist die Grundlage für diese neuen Leitlinien?
Die Leitlinien plädieren für eine risikoadaptierte Früherkennung, die das Alter, die familiäre Belastung und gegebenenfalls auch genetische Faktoren berücksichtigt. Grundlage für diese Empfehlungen sind auch die risikoadaptierten Studien in Skandinavien, die die Rate von Biopsien, von Überdiagnostik, von nicht relevanten Tumoren senken und die Auffinde-Rate aggressiver Tumoren steigern konnte.

Was ändert sich konkret?
Daraus ergeben sich folgende Empfehlungen. Im Alter von 45 Jahren sollte erstmals der PSA-Wert als ein Basis-PSA-Wert ermittelt werden. Liegt dieser Wert unter 1,5, kann die nächste Untersuchung erst in fünf Jahren erfolgen. Liegt der Wert unter drei, ist die nächste Untersuchung in zwei Jahren angezeigt. Liegt der Wert über drei, dann ist eine Kontrolle des PSA-Wertes in drei Monaten vorzunehmen. Bei einem erhöhten Wert sollte ein MRT der Prostata erfolgen und bei Auffälligkeiten nach eingehender Aufklärung eine Fusionsbiopsie der Prostata. Bei Vorliegen von krankhaften genetischen Faktoren sollte gegebenenfalls zusätzlich eine genetische Beratung angeboten werden.