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PSMA - Prostatakrebs besser erkennen und behandeln

02. Oktober 2018 | von Ingrid Müller

Forscher haben ein besonderes Eiweiß ausgetüftelt, das sich sowohl zur Diagnostik als auch Behandlung von Prostatakrebs eignet. PSMA heißt es, und gekoppelt wird es an einen radioaktiven Strahler - aller Fakten zu PSMA!

PSMA ist das Kürzel für ein besonderes Eiweiß, das es in sich hat. Es steht für das Prostata-spezifische Membran-Antigen, das in geringen Mengen auf der Oberfläche von gesunden Prostatazellen vorkommt. Ein Vielfaches davon findet sich jedoch auf Prostatakrebszellen. Etwa 1.000-fach häufiger sei PSMA auf Tumorzellen der Prostata zu finden, schätzen Mediziner. Und: Je aggressiver der Prostatakrebs ist (je höher der Gleason-Score), desto übermäßiger ist das PMSA auf den Krebszellen vorhanden. Im restlichen Körper ist das Eiweiß dagegen kaum nachweisbar. Ähnlich wie das prostataspezifische Antigen – kurz PSA – produziert der Organismus das PSMA selbst.

 

Radioaktives markiertes PSMA: Prostatakrebs besser erkennen

Schon vor einigen Jahren entwickelten Forscher der Universität Heidelberg in ihren Laboren ein winziges Molekül namens PSMA-11. Eine künstlich hergestellte chemische Verbindungen, die einerseits in der Lage ist, sich an das PSMA auf den Prostatakrebszellen anzuheften. Andererseits lässt sie sich mit schwach radioaktiven Substanzen (Radionukliden) koppeln und auf diese Weise markieren. Dann ist sie später auf Bildern sichtbar. Als schwachen Strahler verwendeten die Forscher Gallium-68 (Ga-68).

Injiziert man dieses kleine Molekül in die Blutbahn eines Patienten, bleibt es an den Prostatakrebszellen haften. Aufgrund der radioaktiven Markierung können Ärzte die Ansammlungen des Moleküls an den Krebszellen jetzt sichtbar machen. In der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) – einem nuklearmedizinischen Verfahren – erkennen Ärzte dank der Markierung selbst kleinste Herde von Prostatakrebszellen. Eine Gewebeentnahme (Biopsie) wäre damit überflüssig.

PSMA-PET

Lesen Sie, in welchen Fällen die PSMA-PET jetzt eine Kassenleistung ist.

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Heute setzen Radiologen diese Methode weltweit ein, um Prostatakrebs zuverlässiger aufzuspüren. Auch einige Kliniken in Deutschland bieten diese Diagnosemöglichkeit beim Verdacht auf einen Krebsrückfall an. 

Ein solches Rezidiv lässt sich zum Beispiel vermuten, wenn der PSA-Wert nach einer Operation oder Bestrahlung unerklärlich angestiegen ist. So lassen sich neue Krebsherde, befallene Lymphknoten und Metastasen aller Art besser entdecken. Ein Standard beim Auffinden bösartiger Prostatatumoren ist die PSMA-Diagnostik allerdings noch nicht.

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PSMA zur Behandlung von Prostatakrebs

Der Einsatz in der Diagnostik war aber noch nicht das Ende für PSMA-11. Denn für die Heidelberger Forscher ging die Arbeit an dieser Stelle erst richtig los. „Wir wollten auch eine therapeutische Variante entwickeln“, sagt Prof. Klaus Kopka vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Denn: Die Wissenschaftler hatten sich ja schon einen Weg zu den Krebszellen gebahnt – und diesen wollten sie jetzt nutzen, um sie gleichzeitig zu bekämpfen. „Der Gedanke war, eine targeted therapy zu entwickeln. Eine Substanz also, die gezielt gegen eine Zellstruktur gerichtet ist“, erklärt Prof. Matthias Eder Universitätsklinikum Freiburg.

Aus diesen Überlegungen heraus entstand ein neuer Wirkstoff gegen Prostatakrebs: PSMA-617, ein enger Verwandter des PSMA-11. Der Unterschied zum diagnostischen Molekül liegt in dem radioaktiven Anteil, der stärker strahlt. Somit ist die neue Substanz in der Lage, die Krebszellen gezielt zu zerstören. Für das „Therapiemolekül“ verwendeten die Wissenschaftler das Radionuklid Lutetium-177 (Lu-177).

Das PSMA-617 gelangt direkt ins Innere der Krebszelle – also genau an jenen Platz, an dem das strahlende Molekül seine zerstörende Wirkung entfalten soll. Gesunde Zellen verschont die radioaktive Strahlung dagegen weitgehend. Denn der Wirkstoff wird schnell wieder aus dem Blutstrom gewaschen und kann so keine größeren Schäden anrichten.

 

PSMA – Studien müssen Wirksamkeit bei Prostatakrebs beweisen

Die ersten Ergebnisse waren so erfolgreich, dass die Wissenschaftler ihre Entdeckung an ein US-amerikanisches Pharmaunternehmen lizensiert haben. Dort läuft derzeit eine klinische Studie, an der weltweit mehr als 80 Krebszentren in neun Ländern teilnehmen. In einigen Jahren, so ist die Hoffnung der Wissenschaftler, soll die Behandlung nach allen Testläufen von den Gesundheitsbehörden zugelassen sein. „Beide Moleküle ergänzen sich sehr gut“, sagt Eder: „PSMA-11 ist ideal zur Diagnose, weil es schneller sichtbar wird. PSMA-617 wird wiederum gut ausgeschieden, was für die Therapie vorteilhaft ist.“ Für ihre Erfindung erhielten die Heidelberger Forscher jetzt den Erwin-Schrödinger-Preis 2018.

 

Wer kann sich heute mittels Lu-177-PSMA behandeln lassen?

Verschiedene Kliniken in Deutschland bieten die PSMA-Therapie schon heute an. Für Prostatakrebs zugelassen ist diese Behandlung jedoch noch nicht. Vielmehr gilt sie als individueller Heilversuch. Das bedeutet, dass die Risiken und Nebenwirkungen noch nicht gut erforscht sind. Deshalb setzen Ärzte die Lu-177-PSMA-Therapie nur in besonderen Fällen ein, beispielsweise wenn:

 

Die Voraussetzung für die Lu-177-PSMA-Therapie ist, dass auf den Krebszellen ausreichende Mengen an PSMA vorhanden sind. Dies überprüfen Ärzte vor der Behandlung mittels einer besonderen Untersuchung: ein PET-CT mit dem radioaktiven Strahler Gallium-68 (68Ga-PSMA-PET/CT).

Erfahrungen zeigen, dass viele Patienten gut auf diese Krebsbehandlung ansprechen: der Tumor bildet sich zurück, der PSA-Wert sinkt oder die manchmal starken Schmerzen nehmen ab. Zudem vertragen die meisten Patienten die PSMA-Behandlung gut und erleben keine starken Nebenwirkungen.

Achtung! Fragen Sie immer vor der Behandlung bei Ihrer Krankenkasse nach, ob sie die Kosten für die Lu-177-PSMA-Therapie übernimmt. Denn die Behandlung ist sehr teuer!

Quellen: