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Watchful Waiting bei Prostatakrebs – abwartendes Beobachten

16. Februar 2022 | von Ingrid Müller
Aktualisiert und medizinisch geprüft am 16.2.2022
Ingrid Müller, Chefredakteurin und Medizinjournalistin

Watchful Waiting ist eine Strategie, bei der Ärzte den Prostatakrebs nicht behandeln, sondern nur mögliche Symptome lindern. Lesen Sie, für wen das beobachtende Abwarten in Frage kommt und wo die Vorteile und Risiken liegen.

Kurzübersicht

  • Was ist watchful waiting? Eine Behandlungsmethode bei Prostatakrebs, bei der - wie bei der aktiven Überwachung - zunächst keine Therapie erfolgt
  • Für welchen Mann? Geeignet für ältere Männer mit wenig aggressivem Prostatakrebs, die vielleicht noch mehrere Begleiterkrankungen mitbringen
  • Wie funktioniert es? Erst beim Symptomen geht man zum Arzt oder zur Ärztin und lässt nur die Beschwerden behandeln.
  • Was beachten? Zielt nicht auf die Heilung des Prostatakrebses ab – Für und Wider gut überlegen

Was ist Watchful Waiting?

Beobachtendes Abwarten oder im Englischen „watchful waiting“ ist eine Strategie, bei der Ärzte den Prostatakrebs zunächst nicht behandeln - ähnlich wie bei der aktiven Überwachung (active surveillance). Die Heilung steht beim watchful waiting nicht im Vordergrund, sondern nur die Linderung möglicher Symptome  – im Gegensatz zur aktiven Überwachung. Das beobachtende Abwarten zielt nicht auf die Heilung des Prostatakarzinoms ab, sondern besitzt vielmehr palliativen Charakter. 

Das watchful waiting ist für manche Männer eine Therapiemöglichkeit, weil sie oft erst in höherem Lebensalter an Prostatakrebs erkranken. Im Schnitt ist ein Mann 70 Jahre alt, wenn er die Diagnose Prostatakrebs erhält. Oft ist der bösartige Tumor in der Prostata zudem wenig aggressiv und wächst nur langsam. Ärzte und Ärztinnen gehen deshalb davon aus, dass der Prostatakrebs den Männern zu Lebzeiten wahrscheinlich keine Beschwerden bereitet. 

Bei der „watch and wait-Strategie“ beobachten Ärzte den Prostatakrebs zwar langfristig, behandeln ihn aber nicht mit den oft belastenden Krebstherapien. Dazu gehören zum Beispiel die Operation, Bestrahlung oder Chemotherapie. Auch häufige und regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind dabei nicht vorgesehen.

Sowohl beim watchful waiting als auch bei der aktiven Überwachung steht die Lebensqualität der Männer im Zentrum. Intensive Krebstherapien sind oft mit vielen und schweren Nebenwirkungen verknüpft, die das Lebensgefühl und die Lebensqualität negativ beeinträchtigen. Und diese ersparen sich die Männer sowohl beim watchful waiting als auch (vorübergehend) beim Prinzip der aktiven Überwachung.

Prostatakrebs

Krebsbehandlungen schmälern die Lebensqualität stärker als gedacht, ergab eine Studie.

Prostata Hilfe Deutschland: Mann und Frau laufen über eine Wiese bei Sonnenuntergang
© MabelAmber/Pixabay.com

Für welchen Mann eignet sich das Watchful Waiting?

Das watchful waiting eignet sich für ältere Männer mit lokal begrenztemwenig aggressivem Prostatakrebs, die mutmaßlich eine Lebenserwartung von unter zehn Jahren haben. Diese Bestimmung der Lebenszeit ist jedoch immer nur eine Schätzung, die Arzt und Patient gemeinsam miteinander besprechen.

Das beobachtende Abwarten ist zudem für Männer gedacht, bei denen eine heilende Behandlung nicht in Frage kommt. Die Gründe dafür können schwere Begleiterkrankungen oder ein schlechter körperlicher Allgemeinzustand sein. Es zählt also nicht nur das Lebensalter, sondern auch das biologische Alter eines Menschen.

Gerade in höherem Alter leiden nämlich viele Männer an weiteren Krankheiten, manchmal sogar an mehreren gleichzeitig. Diese sind vielleicht weitaus gefährlicher. Viele sterben dann nicht an ihrem Prostatakarzinom, sondern an einer ganz anderen Krankheit. Die häufigsten Todesursachen sind – wie in der gesamten Bevölkerung – Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dazu gehören etwa ein Herzinfarkt, eine Herzschwäche oder eine Schlaganfall.

Das watchful waiting kann zudem für Männer mit fortgeschrittenem Prostatakrebs eine Möglichkeit sein. Sie erhalten dann eine palliative Behandlung ihrer Symptome.

Wie funktioniert das Watchful Waiting bei Prostatakrebs?

Beim watchful waiting kontrollieren Ärzte den Prostatakrebs nicht regelmäßig. Vielmehr gehen Männer von selbst zum Arzt, wenn sie Beschwerden haben. Eine Heilung steht beim beobachtenden Abwarten nicht im Vordergrund. Ärzte nehmen nur die Symptome in Angriff und versuchen sie mit wirksamen Therapien zu lindern. Ein Beispiel ist die Hormontherapie. Dabei unterdrücken Medikamente die Produktion des männlichen Geschlechtshormons Testosteron.

Hormontherapie

Lesen Sie, wie die Hormontherapie funktioniert und welche Vor- und Nachteile sie hat.

Prostata Hilfe Deutschland: Nadel einer Spritze vor gelben Hintergrund
@ Sergei Grin/Pixabay.com

Anders ist es bei der aktiven Überwachung: Hier gehen Männer in regelmäßigen, genau festgelegten Zeitintervallen zum Arzt. Sie unterziehen sich einem PSA-Test, der TastuntersuchungBiopsien oder einer Magnetresonanztomografie (MRT), etwa einer mpMRT. Obwohl bei der active surveillance zunächst keine Behandlung erfolgt, ist das Ziel immer die Heilung des Prostatakrebses. Wächst der bösartige Tumor in der Prostata weiter, beginnen Ärzte mit der Krebstherapie.

Watchful Waiting  – das sollten Männer beachten

Für manche Männer ist das watchful waiting eine gute Möglichkeit, weil sie ihre Lebensqualität bewahren und keine Nebenwirkungen von Krebstherapien aushalten müssen. Bevor Sie sich jedoch für das beobachtende Abwarten entscheiden, besprechen Sie am besten alle Vor- und Nachteile mit Ihrem behandelnden Arzt. Sie müssen sich auch mit der Tatsache auseinandersetzen, dass das watchful waiting nicht die Heilung des Krebses zum Ziel hat. Wägen Sie also gemeinsam mit Ihrem Arzt das Für und Wider gut gegeneinander ab. Erst dann treffen Sie Ihre Entscheidung.

Auch wenn es keine festgelegten Kontrollintervalle gibt: Ratsam ist es dennoch, alle sechs Monate zur Kontrolle des Prostatakrebses Ihren Arzt oder Ihre Ärztin aufzusuchen. Der PSA-Wert und die Tastuntersuchung geben zum Beispiel Anhaltspunkte, wie sich das Prostatakarzinom verhält.

 

Quellen