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Nach Prostatakrebs-OP – wie Online-Sport fit macht

19. Oktober 2023 | von Ingrid Müller

Nach einer Prostatakrebs-Operation sollten Männer Sport treiben. Dass dies auch Online zu Hause per Videoanleitung gelingen kann, zeigte eine neue Studie. Körperliche Aktivität erhöhte nicht nur die Fitness und Leistungsfähigkeit.

Bewegung kann sich bei vielen Krebsarten positiv auswirken, auch bei Prostatakrebs. Körperliche Aktivität bringt zum Beispiel den Kreislauf und Stoffwechsel in Schwung, stärkt Knochen und Gelenke, baut Stress ab und tut auch der Psyche gut, weil der Körper „Glückshormone“ ausschüttet. Auch nach einer Krebsoperation wie der radikalen Prostatektomie ist Bewegung empfohlen. Doch nicht jeder hat einen Sportverein oder ein Fitnessstudio gleich ums Eck. Der Weg kann für manche Männer zu weit sein – und sie fangen mit dem Training erst gar nicht an. 

Eine Forschungsgruppe der Universität Leipzig, Universität Dresden und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) fand jetzt in einer Studie heraus, dass auch ein Online-Training mit krebskranken Menschen per App funktionieren und positive Effekte erzielen kann. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachmagazin BMC Medicine veröffentlicht. 

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Die einen trainieren per Video, die anderen nicht

An der Studie nahmen insgesamt 148 Menschen mit Prostatakrebs, Brustkrebs und Darmkrebs teil, die sich zuvor einer Operation unterzogen hatten. Bei Männern mit Prostatakrbs wird im Rahmen der OP die Prostata samt Tumor entfernt. Nach dem Zufallsprinzip wurden die Probanden und Probandinnen in zwei Gruppen eingeteilt:

  • Interventionsgruppe: Personen in dieser Gruppe absolvierten zu Hause mehrmals pro Woche eine Kraft- und Ausdauertraining (zweimal 30 Minuten wöchentlich). Angeleitet und überwacht wurden sie per Video.
  • Kontrollgruppe: Menschen in dieser Gruppe trainierten dagegen nicht speziell, sondern bewegten sich ohne jegliche Anleitung (oder eben nicht).

 

Alle Teilnehmenden bekamen während des Zeitraums von sechs Monaten ein digitales Feedback, wie es um Ihr tägliches Aktivitätsniveau bestellt war. Es wurde mit Hilfe einer Smartwatch erfasst, in eine App übertragen und dort dokumentiert. Alle Informationen, die das Aktivitätsverhalten widerspiegelten, wurden übersichtlich in der App angezeigt. Jeder konnte also sehen, in welchem Ausmaß er oder sie körperlich aktiv war. 

Online-Training wirkt sich positiv nach Prostata-OP aus

Um herauszufinden, wie sich das digitale Heimtraining auswirkte, wurden bestimmte Messwerte erfasst. Am wichtigsten war  die Höhe der Sauerstoffaufnahme nach sechs Monaten, die in mehreren Belastungstests bestimmt wurde. Dieser Wert zeigt, wie viele Milliliter Sauerstoff der Körper im Zustand der Belastung verwerten kann. Außerdem wurden die Veränderung der Körperzusammensetzung (Fett, Muskeln), die Lebensqualität und das individuelle Aktivitätsverhalten ermittelt. 

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:

  • Das Online-Training zu Hause erhöhte die Sauerstoffaufnahme.
  • Die Leistungsfähigkeitsfähigkeit von Herz und Lunge nahm durch das Training zu.
  • Die Belastung des Herzmuskels bei körperlicher Aktivität sank. 
  • Tendenziell reduzierte sich die Fettmasse während die Muskelmasse zunahm.
  • Die Akzeptanz der Online-Trainingsintervention war hoch: Etwa 75 Prozent der Teilnehmenden trainierte mindestens 1,5-mal pro Woche. 
  • Das digitale Aktivitätsfeedback schien einen aktiveren Lebensstil zu fördern, weil auch die Kontrollgruppe jeden Tag vergleichbar viel aktiv war.
  • Im Verlauf der Studie erlebten die Probanden und Probandinnen keine unerwünschten Ereignisse, die auf das Online-Training zurückzuführen waren.

 

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Online-Heimtraining bald für alle Krebskranken? 

„Unsere Studie belegt, dass Online-Trainingsprogramme eine Möglichkeit sind, um dem Funktionsverlust des Körpers bei Menschen mit einer Krebserkrankung entgegenzuwirken“, sagt  Dr. Roberto Falz vom Institut für Sportmedizin und Prävention der Universität Leipzig und Erstautor der Studie. Das körperliche Heimtraining in Kombination mit der digitalen Rückmeldung der täglichen Aktivität könnte eine wirksame Maßnahme nach einer Krebsoperation sein. 

Bekannt ist, dass körperliche Aktivität nicht nur manchen Krebsarten vorbeugen kann, sondern auch in der Therapie von Krebskranken von Vorteil sein kann. Es bestehe die Möglichkeit, das Online-Training für zu Hause flächendeckend in die Krebsversorgung einzuführen, so Falz weiter. Denn solche Programme seien leicht für alle Menschen mit einer Krebserkrankung zugänglich.  Dr. René Thieme von der Universität Leipzig erklärt jedoch: Man müsse noch weitere Studien durchführen, um die langfristigen Auswirkungen des Online-Trainings zu untersuchen.

Prostatakrebs: Sport kann der Gesundheit helfen

Viele Studien haben in der Vergangenheit untersucht, welche Rolle körperliche Aktivität bei einer Krebserkrankung spielt. Es gibt mehrere Hinweise darauf, dass Bewegung bei vielen Gesundheitsproblemen helfen kann, die mit der Krebserkrankung oder den Krebstherapien zusammenhängen. Dazu gehören zum Beispiel Ängste (z.B. vor einem Rezidiv), depressive Symptome, eingeschränkte Körperfunktionen oder Fatigue - eine chronische Erschöpfung, die viele Krebskranke betrifft. Auch auf die Lebensqualität wirkt sich körperliche Aktivität positiv aus. 

Darüber hinaus kann sich körperliches Training auf das Gesamtüberleben nach einer Krebsdiagnose auswirken oder die Gefahr für einen Rückfall (Rezidiv) senken. Für Prostatakrebs schätzen Experten, dass das Rückfallrisiko durch körperliche Aktivität um fünf bis 30 Prozent sinkt. Außerdem ist es nie zu spät, mit dem Sport anzufangen. Wer vor der Krebsdiagnose nicht oder kaum körperlich aktiv war, profitiert trotzdem, wenn er mit dem Sport beginnt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt 150 bis 300 Minuten moderater aerobe oder 75 bis 150 Minuten intensive aerobe Aktivität pro Woche – auch für Menschen mit einer chronischen Erkrankung oder Behinderung. Aerobe Aktivität bedeutet alle Arten von Ausdauersport wie Wandern, Schwimmen oder Radfahren. Auch ein maßvolles Krafttraining ist ratsam. 

Allerdings gilt auch: Wer gerade eine Krebsbehandlung wie eine Chemotherapie, Strahlentherapie oder Krebsoperation durchlaufen hat, sollte diese Pensum an seine persönliche Fitness anpassen. Es gilt, die Art, Intensität und Dosis der körperlichen Aktivität für jeden Menschen mit einer Krebserkrankung individuell festzulegen – je nach persönlicher Leistungsfähigkeit und körperlichem Zustand. 

Quellen: 

  • Falz, R., Bischoff, C., Thieme, R. et al. Effect of home-based online training and activity feedback on oxygen uptake in patients after surgical cancer therapy: a randomized controlled trial. BMC Med 21, 293 (2023). https://doi.org/10.1186/s12916-023-03010-6
  • K. L. Campbell, K. Winters-Stone, J. Wiskemann, A. M. May, A. L. Schwartz, K. S. Courneya, D. Zucker, C. Matthews, J. Ligibel, l. Gerber, G. S. Morris, A. Patel, T. F. Hue, F.M. Perna, K. H. Schmitz (2019) Exercise Guidelines for Cancer Survivors: Consensus Statement from International Multidisciplinary Roundtable. Medicine & Science in Sports & Exercise, DOI 10.1249/MSS.0000000000002116