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Digital-rektale Untersuchung (DRU) – so läuft das Abtasten der Prostata ab

16. November 2022 | von Ingrid Müller

Die digital-rektale Untersuchung (DRU) hilft, Veränderungen der Prostata aufzudecken - auch Prostatakrebs. Lesen Sie alle Fakten zur Vorbereitung, zum Ablauf sowie zu den Vor- und Nachteilen der DRU. Außerdem: Welcher Arzt die Prostata-Untersuchung durchführt und warum es keine gute Idee ist, die Prostata selbst abzutasten.

Kurzübersicht

  • Was ist die DRU? Die Tastuntersuchung kann Veränderungen der Prostata aufspüren und liefert Hinweise auf Prostatakrebs
  • Wie genau ist die DRU? Als alleinige Methode nicht aussagekräftig genug, immer nur im Zusammenspiel mit anderen Verfahren
  • Was erkennt man? Verschiedene Veränderungen der Prostata (z.B. Größe, Beschaffenheit, Knoten), aber auch des Darms
  • Vor der Prostata-Untersuchung: Erfragen der Kranken- und Familiengeschichte, keine besondere Vorbereitung nötig, z.B. Darmspülung
  • DRU-Ablauf: Durchführung im Liegen, Abtasten vom After aus mit dem Finger, dauert nur wenige Sekunden
  • Vor- und Nachteile: Einfach, schnell, kostengünstig – nicht sonderlich zuverlässig, findet oft nur größere Tumore
  • Welcher Arzt? Hausarzt/Hausärztin oder Urologe/Urologin
  • Prostata selbst abtasten? Rein technisch möglich, aber nicht ratsam; man braucht für die DRU Erfahrung, um Ergebnisse zu interpretieren

Was ist die digital-rektale Untersuchung (DRU)?

Die Prostata-Untersuchung ist bei vielen Männern unbeliebt und vermutlich gehen die wenigsten entspannt dorthin. Manche empfinden Scham oder haben Angst, dass die Untersuchung schmerzhaft sein könnte - und nehmen die Prostata-Vorsorge gar nicht erst wahr. 

Dabei ist die Tastuntersuchung (digital-rektale Untersuchung = DRU) ein wichtiger Baustein, um Veränderungen der Prostata und einem möglichen Prostatakrebs schon frühzeitig auf die Spur zu kommen. Der Name „digital-rektale Untersuchung“ rührt daher: „digital“ bedeutet „mit dem Finger“ und das Wörtchen „rektal“  meint „das Rektum (= Enddarm) betreffend“. Digital hat also in diesem Fall nichts mit Computern oder der Datenverarbeitung zu tun.

Prostata-Untersuchung: Erfahrung

Der Hamburger Toni Tillmann erzählt im Interview mit der Prostata Hilfe, warum bei der Prostata-Vorsorge Scham am falschen Platz ist!

Prostata Hilfe Deutschland: Illustrationsbild - Latexhandschuhe
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Wie genau ist die DRU?

In der Medizin ist die DRU schon seit langem ein Standard und für Ärzte und Ärztinnen ist das Abtasten der Prostata tägliche Routine. Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen die DRU für Männer ab dem 45. Lebensjahr einmal pro Jahr. Allerdings ist die Tastuntersuchung nicht genau und aussagekräftig genug, um ein Prostatakarzinom sicher zu diagnostizieren. Die DRU sei als alleinige Methode zur Früherkennung nicht geeignet, schreiben Fachleute in den Leitlinien zu Prostatakrebs.

Ärztinnen und Ärzte nutzen daher bei einem Verdacht auf Prostatakrebs immer noch weitere Verfahren, allen voran die Bestimmung des PSA-Wertes und den transrektalen Ultraschall (TRUS). In der Früherkennung von Prostatakrebs ist der PSA-Test in Deutschland jedoch keine Kassenleistung, sondern eine Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL). Das heißt: Männer müssen die Bestimmung des PSA-Wertes im Rahmen der Prostata-Vorsorge selbst bezahlen. Manche privaten Krankenversicherungen übernehmen aber die Kosten, je nach individuellem Vertrag.

Digital-rektale Untersuchung: Was erkennt man?

Ärztinnen und Ärzte können mit Hilfe der Tastuntersuchung nicht nur die Prostata begutachten, sondern auch Darmveränderungen aufspüren. Sie liefert Informationen über:

  • Prostata: Größe, Form, Beschaffenheit, Unregelmäßigkeiten, Abgrenzbarkeit, Druckschmerz, Knoten, Verhärtungen, Tumore, Flüssigkeitsbewegung. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf eine gutartige Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie = BHP), Prostataentzündung (Prostatitis) oder Prostatakrebs (Prostatakarzinom) ziehen.
  • Analkanal: Spannung des Schließmuskel, Schleimhauteinrisse, Knoten
  • Rektum (unteres Ende des Enddarms): Blutung, Knoten, Verschiebbarkeit der Wand über der Prostata
  • Samenblasen: Beschaffenheit, Größe, Druckschmerz

 

Tastuntersuchung

Das Abtasten der Prostata ist als alleinige Methode zu ungenau, um Prostatakrebs zuverlässig aufzuspüren.

Prostata Hilfe Deutschland: Arzt mit Latexhandschuhen
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Vor der Prostata-Untersuchung – das ist zu beachten

Der DRU-Befund alleine liefert noch kein aussagekräftiges Bild von der Prostatagesundheit und der eines Mannes.  Ärzte und Ärztinnen stellen Männern daher vor oder nach der Tastuntersuchung einige Fragen, zum Beispiel:

  • Aktuelle Symptome und Beschwerden, z.B. Probleme beim Wasserlassen (nächtlicher Harndrang, häufiges Wasserlassen, schwacher Harnstrahl), sexuelle Probleme
  • Familiengeschichte: Sind Krebserkrankungen bei nahen Verwandten bekannt? Fachleute wissen zum Beispiel, dass Prostatakrebs in der Familie (z.B. Großvater, Vater, Bruder) das Risiko für Männer erhöht, selbst daran zu erkranken. Aber auch Brustkrebs bei weiblichen Verwandten kann die Gefahr für ein Prostatakarzinom erhöhen.
  • Persönliche Krankengeschichte: Gibt es Grunderkrankungen? z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankung, Diabetes mellitus, COPD, Asthma bronchiale …
  • Medikamente: Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein, falls ja: Welche und seit wann? 
  • Lebensstil, z.B. Ernährungsweise, Bewegung, Alkoholkonsum, Rauchen

 

Einige Punkte und Gedanken vorab, die vielleicht die Scham und Ängste vor der Prostata-Untersuchung vertreiben

  • Für die digital-rektale Untersuchung ist keine spezielle Vorbereitung nötig, zum Beispiel keine Darmspülung (wie bei der Darmspiegelung zur Früherkennung von Darmkrebs).
  • Für Ärztinnen und Ärzte ist die DRU das „tägliche Brot“. Sie führen die Untersuchung so häufig durch, dass sie für sie ganz normal ist. Also können Sie selbst die Tastuntersuchung auch als normal ansehen. 
  • Ein Samenerguss während der Prostata-Untersuchung kann vorkommen, weil  Druck auf die Prostata ausgeübt wird – auch dies ist kein Fall fürs Schämen. Das gleiche gilt für eine Erektion, wenn die Geschlechtsorgane untersucht werden.
  • Wer mit der Prostata-Untersuchung Erfahrung hat, empfindet meist anschließend auch weniger Scham und Angst, weil die Abläufe bekannt sind.
  • Vielleicht hilft Männern noch ein anderer Gedanke weiter: Frauen müssen sich solchen Tastuntersuchungen (der Scheide und Geschlechtsorgane) in ihrem Leben weitaus häufiger unterziehen als Männer . Sie sind das also gewohnt. An den Frauen können sich in diesem Fall vielleicht auch Männer orientieren
  • Und zuletzt: Im Internet gibt es zum Prostata-Abtasten auch Videos, in denen der Ablauf der DRU gezeigt wird. Sie sind mehr oder weniger gut gemacht, aber vermitteln einen Eindruck, was bei der digital-rektalen Untersuchung mit dem Finger im Po geschieht. Auch Fotos und Grafiken zeigen das Prinzip der DRU anschaulich.

 

Digital-rektale Untersuchung – Ablauf

Die Tastuntersuchung eignet sich aufgrund der anatomischen Lage der Prostata, um Veränderungen der Vorsteherdrüse aufzudecken. Die Prostata sitzt unterhalb der Harnblase und grenzt nach hinten direkt an den Enddarm, das Rektum. Daher lässt sie sich auch vom Enddarm aus mit dem Finger abtasten.

Der Ablauf der digital-rektalen Untersuchung lässt sich ungefähr so beschreiben:

  • Der Arzt oder die Ärztin zieht sich für die Prostata-Untersuchung einen Gummihandschuh an.
  • Dann wird der Zeigefinger mit einem Gleitmittel befeuchtet, damit er sich schmerzfrei und leicht in den After einführen lässt. 
  • Die DRU wird im Liegen durchgeführt. Männer liegen dabei auf der Seite und ziehen die Beine nah an den Körper heran - sie nehmen eine Art “Embryostellung” ein.
  • Der Arzt oder die Ärztin führt den Finger vorsichtig in den After ein. Über die Vorderseite des Enddarms lässt sich die Prostata ertasten. Zu fühlen sind zum Beispiel Knoten oder Verhärtungen.
  • Die Tastuntersuchung selbst dauert nur wenige Sekunden. Manche empfinden sie zwar als unangenehm, aber sie verursacht in der Regel keine Schmerzen. 
  • Zusätzlich untersuchen Ärztinnen und Ärzte im Rahmen der Krebsvorsorge auch die Geschlechtsorgane und die Lymphknoten in der Leiste. Verdickte Lymphknoten können ein Hinweis auf Prostatakrebs sein.

 

Bei auffälligen Veränderungen im DRU-Befund kommt ein PSA-Test zum Einsatz – in diesem Fall bezahlen ihn die Krankenkassen. Beim Verdacht auf Prostatakrebs folgen weitere bildgebende Verfahren (z.B. transrektaler Ultraschall, TRUS) und zuletzt eine Gewebeprobe (Prostatabiopsie). Ein pathologisches Labor untersucht die entnommenen Gewebeproben und analysiert, ob die Zellen gut- oder bösartig sind. So lässt sich die Diagnose Prostatakrebs mit hoher Sicherheit stellen.

Essen für die Prostata

Für die Prostatagesundheit können Männer selbst etwas tun. Lesen Sie, welche Lebensmittel gut für die Prostata sind.

Frau hält drei Zucchini in der Hand
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Digital-rektale Untersuchung: Vorteile und Nachteile

Die Tastuntersuchung der Prostata ist ein Routineverfahren, das einige Vorteile besitzt, aber auch einige Nachteile mit sich bringt.

Vorteile:

Die Tastuntersuchung ist:

  • einfach und kommt ohne große Apparaturen aus
  • kostengünstig
  • schnell und liefert rasche erste Ergebnisse
  • ohne Nebenwirkungen

 

Nachteile:

Die Tastuntersuchung:

  • ist als alleinige Methode nicht sonderlich zuverlässig, sondern besitzt nur eine gute  Aussagekraft, wenn sie mit weiteren Verfahren kombiniert wird. Erst in der Zusammenschau mehrerer Untersuchungsergebnisse können Ärzte und Ärztinnen eine genauere Einschätzung treffen. Kurz gesagt: Ein DRU-Normalbefund bedeutet noch nicht, dass die Prostata zwangsläufig gesund ist. 
  • kann nur Tumore aufspüren, die sich in der Nähe des Darms befinden und mehr als einen Zentimeter messen. Kleinere Tumore sind kaum mit dem Finger zu ertasten. Studien ergaben, dass die DRU tatsächlich nur etwa ein Drittel der vorhandenen bösartigen Tumore in der Prostata findet. Alle anderen fielen in die Kategorie „DRU-Normalbefund“, obwohl es sich dennoch um ein Prostatakarzinom handelte.
  • findet Tumore meist nicht mehr im Frühstadium. Ein auffälliger Tastbefund bedeutet oft, dass der Prostatakrebs schon weiter fortgeschritten ist und der Tumor eine gewisse Größe hat.
  • spürt manchmal Veränderungen auf, die nicht zwangsläufig Prostatakrebs heißen müssen. Es müssen weitere Untersuchungen folgen. Der Krebsverdacht, das Warten auf die Ergebnisse und die Zeit bis zur Entwarnung können seelisch belastend sein und die Nerven strapazieren. 
  • ist vermutlich nicht geeignet, um vor dem Tod durch Prostatakrebs zu bewahren. Studien konnten bisher nicht nachweisen, dass durch regelmäßige Tastuntersuchungen weniger Männer an Prostatakrebs sterben als beim Verzicht auf die DRU.

 

Tastuntersuchung – welcher Arzt?

Die ersten Anlaufstelle für Untersuchungen zur Früherkennung von Prostatakrebs ist der Urologe, die Urologin, der Hausarzt oder die Hausärztin. Manche Allgemeinmediziner und hausärztlich tätige Internistinnen führen die Tastuntersuchung selbst durch, während andere eine Überweisung zum Facharzt oder zur Fachärztin für Urologie ausstellen.

Prostata selbst abtasten – geht das?

Eigentlich klingt das Abtasten der Prostata sehr einfach und kann vom Enddarm aus geschehen. So überlegt sich vielleicht der eine oder andere Mann, die Prostata auch selbst abzutasten (oder abtasten zu lasen). Wenn man es rein technisch und vom Ablauf her betrachtet, könnte dies sogar funktionieren.

Doch das sei keinesfalls empfehlenswert, warnen Mediziner und Medizinerinnen. Denn Männern fehlt die Erfahrung, wie sich eine gesunde und eine kranke Prostata überhaupt anfühlt und auf welche Veränderungen sie achten sollten. Sie können Auffälligkeiten auch nicht interpretieren. 

Daher gilt: Die digital-rektale Untersuchung sollte immer ein Arzt oder eine Ärztin durchführen, der oder die Erfahrung damit hat. Routinierte medizinische Fachleute können die Ergebnisse viel besser einstufen und einordnen.

Quellen: