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Fluoreszierender Farbstoff hilft bei der Prostata-OP

12. Juni 2024 | von Ingrid Müller

Bei einer radikalen Prostataektomie entfernen Operateure die Prostata samt Krebs. Ein fluoreszierender Farbstoff, der sich an die Tumorzellen heftet, soll ihnen wie ein „zweites Paar Augen“ zeigen, wo die Prostatakrebszellen genau sind – und so die OP schonender machen. 

Die Prostata-OP bei Prostatakrebs ist eine knifflige Sache. Ärztinnen und Ärzte versuchen im Rahmen der radikalen Prostatektomie, die Prostata samt Krebszellen vollständig zu entfernen. Dabei gilt es, gesundes Gewebe möglichst gut zu schonen. Dennoch gelingt die Operation oft – trotz Einsatz eines Roboters – nicht präzise genug. Operateure und Operateurinnen können Nerven verletzen. Die Folgen können eine Erektile Dysfunktion und Inkontinenz sein, die oft lange bestehen bleibt. Mit beiden Nebenwirkungen haben viele Männer nach einer Prostata-Operation zu kämpfen. Es sind zugleich jene OP-Folgen, unter denen Männer am meisten leiden. 

Fluoreszierender Farbstoff wie ein „zweites Paar Augen“

Forschende der University oft Oxford entwickelten jetzt eine neue Strategie für eine schonendere OP der Prostata. Ein fluoreszierender Farbstoff, der sich an die Prostatakrebszellen heftet, soll Operateuren und Operateurinnen während des Eingriffs den Weg weisen und ihnen sagen, wo sich genau die Krebszellen befinden.  Prof. Freddie Hamdy, Studienleiter von der University of Oxford, beschreibt dies so: „Wir geben den Chirurgen ein zweites Paar Augen.“

Prostata-OP

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Prostata Hilfe Deutschland: große Deckenlampe im Op
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Die britische Forschungsgruppe führte eine kleine Studie (PROMOTE-Studie) mit 23 Männern durch, die an Prostatakrebs erkrankt waren und sich deswegen einer radikalen Prostatektomie unterziehen mussten. Vor dem Eingriff injizierten sie den Männern eine Kombination aus dem fluoreszierenden Farbstoff und einem Markermolekül namens „IR800-IAB2M“. Zum Einsatz kam hier auch ein Roboter als Assistent, der für genauere OP-Ergebnisse sorgen soll. 

Die Operateure nutzten ein bildgebendes System, das eine spezielle Art von Licht auf die Prostata und ihre Umgebung wirft. Gleichzeitig lässt das Licht die Prostatakrebszellen leuchten und fluoreszieren. Entwickelt wurde dieses besondere Lichtsystem von Ingenieuren an der University of Oxford. 

PSMA auf Prostatakrebszellen als Ziel

Der Farbstoff und IR800-IAB2M heften sich an ein spezielles Eiweiß, das sogenannte Prostataspezifische Membranantigen (PSMA). Dieses Eiweiß befindet sich auf der Oberfläche von Prostatakrebszellen. PSMA spielt sowohl in der Diagnostik als auch in der Behandlung von Prostatakrebs eine wesentliche Rolle.  Das Markermolekül IR800-IAB2M kann nur an PSMA und an kein anderes Molekül binden. 

Schon gewusst?

PSMA ist ein Eiweiß, das der Körper selbst herstellen kann. Es kommt auch auf der Oberfläche von gesunden Prostatazellen vor, allerdings nur in geringen Mengen. Deutlich mehr PSMA – nämlich etwa die 1.000-fache Menge –  lässt sich auf Prostatakrebszellen und Metastasen nachweisen. Je aggressiver der Prostatakrebs bei einem Mann ist (je höher der Gleason-Score), desto mehr PSMA befindet sich auf den Krebszellen. Im restlichen Körper ist  das Eiweiß dagegen so gut wie nicht vorhanden.

Die Forschungsgruppe fand heraus, dass der Farbstoffmarker an jene Bereiche des Krebsgewebes andockte, die mit dem bloßen Auge oder anderen klinischen Methoden nicht sichtbar gewesen wären. So gelang es dem Operationsteam, die Ränder des Tumors genau zu erkennen.

Außerdem konnten Ärztinnen und Ärzte alle Gruppen von Krebszellen identifizieren, die sich vom Tumor aus auf Wanderschaft gemacht hatten und in das nahehegelegene Beckengewebe und in die Lymphknoten eingedrungen waren. Hamdy erklärt: „Chirurgen können sehen, wo sich die Krebszellen genau befinden und ob sie sich ausgebreitet haben. Es ist das erste Mal, dass wir solche feinen Details der Prostatakrebszellen in Echtzeit während der OP sehen können.“  

Die Farbstoffmarkierung half den Operateuren, das Krebsgewebe komplett herauszuschneiden. „Mit dieser Technik konnten wir alle Tumorzellen beseitigen, auch jene, die sich vom ursprünglichen Tumor abgelöst und auf Wanderschaft begeben haben. Solche Zellen erhöhen die Gefahr, dass der Prostatakrebs später in Form eines Rezidivs zurückkehrt“, sagt Hamdy. Sie können sich anschließend erneut teilen, vermehren und im Körper ausbreiten. 

Außerdem ließen sich durch den Farbstoffeinsatz gesunde Strukturen um die Prostata herum besser schonen. Dies bedeutet für die Männer weniger Nebenwirkungen wie die Erektile Dysfunktion und Inkontinenz, welche die Lebensqualität der Männer entscheidend schmälern können.  

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Prostata Hilfe Deutschland: Illustrationsbild - Aus dem Bett ragende Füße
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Farbstoff auch bei anderen Krebsarten einsetzbar

Noch stehe der Farbstoffmarker am Anfang seiner klinischen Entwicklung, betonen die Forschenden. Aber in Zukunft könne der Farbstoff routinemäßig während einer radikalen Prostatektomie zum Einsatz kommen, um sämtliches Krebsgewebe aufzuspüren, hoffen sie.  Das neue bildgebende System, das Krebszellen zum Leuchten bringt, sei auch in roboterassistierte Werkzeuge für die Prostata-OP integrierbar. Auch bei anderen Krebsarten sei der Farbstoff zur Markierung einsetzbar, indem man das Eiweiß verändere, an das sich der Farbstoff auf den Krebszellen anheftet. 

Die Forschungsgruppe möchte jetzt weitere Studien mit mehr Studienteilnehmern durchführen. So will sie herausfinden, ob sich mit Hilfe der neuen Technik mehr Prostatakrebsgewebe entfernen und gesundes umliegendes Gewebe besser schonen lässt als mit herkömmlichen Operationsmethoden.  „Die Prostata-OP kann das Leben verändern. Wir möchten, dass Männer die Operationsbühne verlassen und wissen, dass wir alles Erdenkliche getan haben, um ihren Krebs zu beseitigen. Und wir möchten ihnen die beste Lebensqualität nach dem Eingriff ermöglichen. Ich glaube, dieses Technik kann dies Wirklichkeit werden lassen“, so Hamdy. 

Dr. Iain Foulkes vom Cancer Research UK fügt hinzu: „Eine Operation kann Prostatakrebs heilen, wenn der Tumor in einem frühen Stadium entfernt wird. Aber in solchen frühen Stadien ist es nahezu unmöglich, mit bloßem Auge zu erkennen, welcher Krebs lokal gestreut hat und welcher nicht. Wir brauchen bessere Werkzeuge, um jene Krebsformen zu finden, die mit der Weiterverbreitung begonnen haben. Die Kombination aus Marker und Farbstoff mit einem bildgebenden System könnte die Art und Weise verändern, wie wir Prostatakrebs zukünftig behandeln.“

Quellen: