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Kastrationsresistenter Prostatakrebs – was hilft?
07. Juni 2022 | von Ingrid MüllerAktualisiert und medizinisch geprüft am 7.6.2022 von Ingrid Müller, Chefredakteurin und Medizinjournalistin |
Kastrationsresistenter Prostatakrebs bedeutet, dass der Hormonentzug nicht mehr wirkt. Die Krebszellen sind unempfindlich geworden und vermehren sich auch ohne Testosteron. Alle Behandlungen im Überblick.
Kurzübersicht
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Was ist kastrationsresistenter Prostatakrebs?
Bei Männern mit kastrationsresistentem Prostatakrebs wirkt die Hormontherapie nicht mehr. Dann wächst der Tumor trotz Hormonentzug weiter. Zwar sind die Testosteronwerte durch den Einsatz von Medikamenten niedrig, aber der PSA-Wert steigt. Erhöhte Mengen an prostataspezifischem Antigen (PSA) im Blut gelten als Zeichen dafür, dass der Prostatakrebs voranschreitet.
Wann der Prostatakrebs kastrationsresistent wird, können Ärztinnen und Ärzte nicht genau vorhersagen. Der Zeitpunkt ist von Mann zu Mann verschieden. Es hängt zum Beispiel davon ab, wie aggressiv der Prostatakrebs ist und wie schnell er wächst.
Im Schnitt entwickelt sich ein kastrationsresistenter Prostatakrebs (auch hormonrefraktärer Prostatakrebs) zwei bis drei Jahre nach dem Beginn der Hormonbehandlung. Dann entfaltet die Therapie, die das Testosteron senkt und das Wachstum des Krebses bremsen soll, keine ausreichende Wirkung mehr.
Hormontherapie Lesen Sie, wie die Hormontherapie wirkt und welche Möglichkeiten es gibt. | ![]() |
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Wann wird die Diagnose kastrationsresistentes Prostatakarzinom gestellt?
Die Diagnose “kastrationsresistenter Prostatakrebs” lässt sich anhand verschiedener Parameter stellen:
Der Wert für das Testosteron beträgt weniger als 50 ng/dl (< 1,7 nmol/l) und entweder
oder
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EIn kastrationsresistenter Prostatkrebs lässt sich dennoch gut behandeln. Allerdings zählen die Therapien zu den palliativen Behandlungen. Das bedeutet: Sie zielen nicht mehr auf die Heilung des Prostatakrebses ab, sondern sollen den Tumor in Schach halten, die Beschwerden (z.B. Schmerzen, Müdigkeit) lindern, die Lebenszeit verlängern und die Lebensqualität so lange wie möglich erhalten.
Kastrationsresistenter Prostatakrebs: Wovon hängt die Therapie ab?
Ein kastrationsresistenter Prostatakrebs bedeutet noch nicht, dass jetzt sämtliche Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Ärztinnen und Ärzte gehen mit verschiedenen Strategien gegen den Krebs und die Symptome vor, die vielleicht die Lebensqualität einschränken. Zu beachten ist jedoch, dass auch die eingesetzten Medikamente selbst einige Nebenwirkungen haben, die nicht unerheblich sein können. Welche Behandlung am besten geeignet ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel:
- Ob und welche Beschwerden der Prostatakrebs genau verursacht und wie ausgeprägt sie sind.
- Wie schnell der Krebs wächst und ob er Metastasen gebildet hat, etwa in den Knochen, der Leber oder Lunge.
- Vom körperlichen und seelischen Zustand: Manche Männer mit Prostatakrebs haben schon einige belastende Krebsbehandlungen durchlaufen oder sind durch andere Erkrankungen körperlich geschwächt und psychisch erschöpft. Eine Therapie mit vielen Nebenwirkungen schadet hier vielleicht mehr als sie nutzt.
- Von Ihrem Alter: Prinzipiell können auch ältere Männer eine Chemotherapie noch gut verkraften.
- Ihren persönlichen Wünschen und Zielen: Ob Sie sich weitere intensive Behandlungen zutrauen oder zumuten möchten.
Sprechen Sie ausführlich mit Ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten. Teilen Sie Ihre Wünsche und Vorstellungen mit. Informieren Sie sich über Nutzen und Risiken aller Therapiemöglichkeiten. Erst wenn Sie alles verstanden und gut überlegt haben, entscheiden Sie gemeinsam mit den medizinischen Fachleuten, wie es weiter gehen soll. Die Wahl der Behandlung richtet sich entscheidend danach, ob Sie Metastasen haben, Symptome verspüren oder wie es um Ihren körperlichen Allgemeinzustand steht.
Kastrationsresistenter Prostatakrebs Ein Forscherteam hat einen neuen Subtyp dieses Prostatakrebses entdeckt - er kommt in fast 30 Prozent der Fälle vor. | ![]() |
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Kastrationsresistenter Prostatakrebs ohne Metastasen: Welche Behandlungen?
Nicht alle Männer mit kastrationsresistentem Prostatakrebs haben Beschwerden, auch wenn der PSA-Wert steigt und die Krebszellen sich weiter vermehren. Ob Ärztinnen und Ärzte mit der Behandlung schon bei einem PSA-Anstieg beginnen oder zunächst abwarten sollten, ob sich Symptome entwickeln, ist noch nicht genau geklärt. Die Strategie des abwartenden Beobachtens (watchful waiting) kann eine Möglichkeit sein, wenn Sie keine Symptome und Metastasen haben. Die Medikamente für den Hormonentzug nehmen Sie dann weiter ein.
Wenn Sie ein hohes Risiko für die Metastasierung haben und sich für eine weitere Behandlung entscheiden, haben Sie folgende zusätzliche Möglichkeiten zur Hormontherapie (alphabetisch):
Wirkstoff | Beschreibung |
- Apalutamid | soll das Wachstum der Krebszellen hemmen und absterben lassen, einmal pro Tag als Tablette, zugelassen seit Januar 2019 für Männer mit nicht-metastasiertem Prostatakrebs, bei denen die Hormonblockade nicht mehr wirkt |
-Darolutamid | soll die Wirkung von Testosteron hemmen und das Wachstum der Krebszellen sowie die Entstehung von Metastasen verlangsamen, vier Tabletten pro Tag, zugelassen seit März 2020 |
-Enzalutamid | blockiert die Andockstellen (Rezeptoren) für männliche Hormone. Der Wirkstoff zählt zu den Androgenrezeptorblockern. So hemmt er das Wachstum von Krebszellen. Das Medikament gibt es als Tabletten oder Kapseln. Seit September 2018 ist Enzalutamid auch für nicht-metastasierten Prostatakrebs zugelassen, wenn der Krebs trotz Hormonblockade wächst. |
Kastrationsresistenter Prostatakrebs mit Metastasen und ohne Beschwerden: Welche Therapien?
Für Männer mit metastasiertem, kastrationsresistentem und fortschreitendem Prostatakrebs, der keine oder nur geringe Symptome hervorruft, gibt es diese Möglichkeiten: Abwarten und beobachten oder die Behandlung umstellen. Folgende Wirkstoffe können Ärztinnen und Ärzte anbieten:
Wirkstoff | Beschreibung |
-Abirateron | Abirateron verstärkt die Hormonblockade und verhindert die Testosteronproduktion im gesamten Körper, auch in den Prostatakrebszellen. Es wird in Kombination mit Steroiden angewendet (Prednison, Prednisolon), weil dann die Nebenwirkungen geringer ausfallen. Männer nehmen Abirateron einmal täglich als Tablette ein. Die Nebenwirkungen können Wasseransammlungen (Ödeme) und Kaliummangel sein. |
-Chemotherapie mit Docetaxel | Zur Chemotherapie setzen Ärzte das zelltötende Mittel (Zytostatikum) Docetaxel ein. Es gehört zur Gruppe der Taxane, die natürlicherweise in der Eichenrinde vorkommen. Die Chemotherapie wirkt immer im gesamten Körper und attackiert Krebszellen. Sie schädigt das Erbgut (DNA) und greift in den Vermehrungszyklus der Tumorzellen ein – so sterben sie ab. Männer erhalten die Chemotherapeutika alle drei Wochen in Zyklen. In der Zeit dazwischen kann sich der Körper wieder erholen. Taxane haben jedoch erhebliche Nebenwirkungen, zum Beispiel Magen-Darm-Beschwerden, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Veränderungen des Blutbildes oder Nervenschäden (Missempfindungen, Taubheitsgefühle). |
-Enzalutamid | blockiert die Andockstellen (Rezeptoren) für männliche Hormone und hemmt das Wachstum von Krebszellen (siehe Tabelle oben). |
Knochenmetastasen Alles über die Behandlung von Knochenmetastasen lesen Sie hier »» | ![]() |
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Kastrationsresistenter Prostatakrebs mit Metastasen und mit Beschwerden - welche Therapien?
Bei einem metastasierten, kastrationsresistenten und fortschreitenden Prostatakrebs, der Symptome verursacht, können verschiedene Therapien helfen. Sie bremsen das Krebswachstum, lindern Beschwerden und können auch das Leben verlängern. Verschiedene Medikamente kommen bei Männern mit Beschwerden und einem guten körperlichen Allgemeinzustand zum Einsatz. Sie lassen sich auch mit Behandlungen gegen die Symptome oder mit unterstützenden (supportiven) Therapien kombinieren.
Wirkstoff | Beschreibung |
-Docetaxel | Chemotherapie alle zwei bis drei Wochen |
-Abirateron | in Kombination mit den Steroiden Prednison oder Prednisolon |
-Enzalutamid | hemmt das Wachstum von Krebszellen |
Männern mit einem schlechten Allgemeinzustand können diese Therapien helfen:
- Abirateron - in Kombination mit Prednison oder Prednisolon
- Chemotherapie mit Docetaxel, wenn der schlechte Allgemeinzustand vor allem auf die Metastasen zurückzuführen ist - dann können Zytostatika den Zustand bessern
- Enzalutamid
- Steroide ("Kortison") - die Wirkstoffe Dexamethason, Prednisolon, Prednison; die Medikamente wirken gegen Schmerzen, Müdigkeit und Appetitlosigkeit.
- Schmerztherapie - kann die Lebensqualität verbessern
Metastasierter, kastrationsresistenter Prostatakrebs - wann Test auf BRCA1/BRCA2?
Bei manchen Männern schreitet der Prostatakrebs trotz der Anwendung einer neuen hormonellen Substanz wie Abirateron, Apalutamid, Darolutamid oder Enzalutamid weiter fort. In diesem Fall könnte ein Test auf eine spezielle Genmutation hilfreich sein. Dabei handelt es sich um die veränderten Gene BRCA1 und BRCA2 - dies sind eigentlich “Brustkrebsgene”. Bei Frauen erhöhen sie das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs, aber auch Männer können das mutierte Gen vererbt bekommen. Manchmal verändert es sich auch erst im Lauf des Lebens und die Mutation ist erworben. Ist BRCA 1 oder BRCA2 verändert, kann eine Therapie mit dem Wirkstoff Olaparib helfen.
Im November 2020 wurde Olaparib in der EU Männer mit einem metastasiertem kastrationsresistenten
Prostatakarzinom und BRCA1/2-Mutation zugelassen, deren Erkrankung trotz Behandlung mit einer neuen hormonelln Substanz fortschritt. Olaparib wird oral als Tabletten eingenommen.
Der Wirkstoff hemmt die Wirkung bestimmter Enzyme, sogenannter PARP-Enzyme. Diese helfen dabei mit, beschädigtes Ergbut (DNA) in gesunden und bösartigen Zellen wieder zu reparieren. Die Medikamente heißen daher auch PARP-Inhibitoren oder PARP-Hemmer. Olaparib ist schon für verschiedene Krebsarten zugelassen, etwa Eierstockkrebs, Eileiterkrebs oder fortgeschrittenen Brustkrebs.
Welche Behandlungen nach einer Chemotherapie?
Manchmal schreitet der Prostatakrebs trotz einer Chemotherapie mit Docetaxel fort. Dann gibt es folgende Behandlungsmöglichkeiten (Zweitlinientherapie) für Männer mit einem guten Allgemeinzustand:
Wirkstoff | Beschreibung |
-Abirateron | in Kombination mit Prednison oder Prednisolon |
-Chemotherapie mit Cabazitaxel | Das Zytostatikum gehört – wie Docetaxel – zu den Taxanen. Es greift in den Mechanismus der Zellteilung ein. Cabazitaxel kann schwere Durchfälle und Veränderungen des Blutbildes verursachen. |
-Enzalutamid | |
-Radium-223 | für Männer mit kastrationsresistentem, fortschreitendem Prostatakarzinom, die Symptome aufgrund von Knochenmetastasen und keine Metastasen in den Eingeweiden haben. Sie sollten in einem guten Allgemeinzustand sein und mindestens zwei im gesamten Körper wirkende (systemische) Behandlungen erhalten haben (z.B. Hormon- und/oder Chemotherapie). Auch für Männer, die keine verfügbare systemische Behandlung erhalten können, ist Radium-223 eine Möglichkeit. Ärzte und Ärztinnen sollen Radium-223 nicht in Kombination mit Abirateron und Prednison/ Prednisolon anwenden. Radium 223 ist dem Kalzium sehr ähnlich und lagert sich daher in die Knochen ein. Die Strahlen haben eine kurze Reichweite (Alpha-Strahler) und attackieren Krebszellen in den Knochen gezielt. Radium 223 wird langsam in eine Vene gespritzt (sechs Injektionen im Abstand von mehreren Wochen). Bei Metastasen in anderen Organen wenden Ärzte Radium 223 nicht an. |
-Lutetium-177-PSMA | Sind sämtliche anderen Behandlungen bei kastrationsresistenter, fortschreitende Behandlung ausgeschöpft, können Ärzte einen Therapieversuch mit Lutetium-177-PSMA anbieten. Die Basis ist die Empfehlung einer interdisziplinären Tumorkonferenz. |
Lutetium-177-PSMA Lesen Sie, was Lutetium-177-PSMA ist und wie die Behandlung funktioniert. Außerdem alles über die Wirksamkeit. | ![]() |
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Männer in schlechterem Gesundheitszustand können Ärzte ähnliche Therapien anbieten – eine Chemotherapie jedoch nur, wenn der schlechte Allgemeinzustand durch die Metastasen begründet ist. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, Steroide wie Prednison oder Prednisolon anzuwenden. Sprechen Sie immer mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, welche Behandlungen für Sie am besten sind.